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"Nein, aber um es kurz zu machen, Duffy, wie ich schon sagte, wir sind hier in Schieber-City. Niemand ist über das Gesetz erhaben, aber verdammt viele Leute buddeln sich unter ihm durch."
Was sollte das Gerede von dem "labilen Gleichgewicht"? Normalerweise hieß es einfach: "In meinem Stück vom Kuchen hast du nichts zu suchen."
aus "Duffy" von Dan Kavanagh


Wir haben es nicht leicht. Aber die Rezepte für die bessere Gesellschaft sind da. Nur ein Beispiel ist "Gleicher als andere" (Gesamttext als pdf-Datei - Gesamttext und ergänzende Texte als pdf-Datei) von Christoph Spehr

Das Prinzip der "Freien Kooperation"

Die Arbeit von Christoph Spehr "Gleicher als andere" (Gesamttext als pdf-Datei - Gesamttext und ergänzende Texte als pdf-Datei) beschreibt keinen Zustand, sondern einen Prozess. Wir werden nie frei und gleich sein, aber besser als heute kann es allemal werden. Christoph Spehr beschreibt das Prinzip der "Freien Kooperation". Wirklich "Freie Kooperation" ist das Ziel, das wohl nie erreicht wird, aber ohne eine Vorstellung davon ist es nicht möglich, zu handeln. Spehr geht davon aus, dass alles, was uns mit anderen verbindet, eine Art Kooperation ist, allerdings häufig eine erzwungene - also Herrschaft. Sei es die Zweierbeziehung, das Arbeitsverhältnis, die Demokratie ....

Erzwungene Kooperation ist Herrschaft:
Die Kooperation ist erzwungen, weil die eine Seite sich nicht aus ihr lösen kann, weil sie nicht darüber bestimmen kann, was sie einbringt und unter welchen Bedingungen, weil sie keinen oder nur geringen Einfluss auf die Regeln der Kooperation hat. Die Methoden der Herrschaftsausübung:
  1. Die Ausübung oder Androhung direkter, physischer Gewalt - die "militärische" Ebene von Herrschaft.
  2. Strukturelle Unterordnung, d.h. die Errichtung oder Aufrechterhaltung von Regeln und Verteilungen in einer sozialen Kooperation, die zu einer systematisch unterschiedlichen Anhäufung von Macht führen - die "ökonomische" Ebene von Herrschaft.
  3. Diskriminierung, d.h. ausschließende Solidarität einer Gruppe gegen den "Rest" - die "soziale" Ebene von Herrschaft.
  4. Kontrolle der Öffentlichkeit, d.h. der maßgebliche Einfluss darauf, wie in einer Kooperation geredet und gedacht wird, welche Interpretationen und Normen die vorherrschenden sind - die "institutionelle" Ebene von Herrschaft.
  5. Abhängigkeit, d.h. die Ausschaltung von Alternativen für die jeweils andere Seite in der Kooperation, so dass diese Kooperation für die Gegenseite möglichst alternativlos wird - die "existentielle" Ebene von Herrschaft.
    Es ist nicht nur die Arbeit von Sklaven, was die Herrschaft am Leben hält. Es ist auch die Haltung von Sklaven: Was geschieht, geschehen zu lassen. Die Regeln zu befolgen, die andere gemacht haben. Zu akzeptieren, dass man Regeln vielleicht auf kompliziertem Wege ändern kann, bis dahin aber unter allen Umständen befolgt. Wir trainieren das. Wir lassen es alle lernen und scheiden die aus, die es nicht lernen. Wir schützen die nicht, die Regeln brechen. Wir schützen die Regeln. Wir erzwingen die Sklavenhaltung genauso wie die Sklavenarbeit. Der Reiche lebt nicht nur von der Arbeit derer, die für ihn schwitzen, sondern auch von der Ohnmacht der Besitzlosen, ihn zu bestehlen. Er lebt auch von der Struktur, die ihm Land, Kapital, Wissen zuwirft und anderen nicht. Sein Kommando erstreckt sich nicht nur darauf, dass Menschen etwas für ihn tun, sondern auch darauf, dass Menschen etwas gegen ihn unterlassen. Es ist die Erbsünde der demokratischen Moderne, diese Gewalt nicht prinzipiell bekämpft zu haben, sondern sich vorrangig damit zu beschäftigen, wie sie legitimiert und verregelt sein soll und wer darauf welchen Einfluss erhält.

Freie Kooperation, wie sie hier definiert wird, hat drei Bestimmungen. Freie Kooperation liegt vor, wenn
  1. die überkommene Verteilung von Verfügungsgewalt, Besitz, Arbeit und die überkommenen Regeln nicht sakrosankt sind, ihnen also kein "höheres Recht" zukommt, sondern sie vollständig zur Disposition stehen, d.h. von den Beteiligten der Kooperation jederzeit neu ausgehandelt werden können;
  2. alle Beteiligten frei sind, die Kooperation zu verlassen, ihre Kooperationsleistung einzuschränken oder unter Bedingungen zu stellen, und dadurch Einfluss auf die Regeln der Kooperation zu nehmen;
  3. alle Beteiligten insofern gleich sind, als sie dies zu einem vergleichbaren und vertretbaren Preis tun können; d.h. dass der Preis dafür, die Kooperation zu verlassen bzw. die eigenen Kooperationsleistungen einzuschränken oder unter Bedingungen zu stellen, für alle Beteiligten ähnlich hoch (oder niedrig), aber auf jeden Fall zumutbar sein muss.
    Vereinfacht gesagt: In einer freien Kooperation kann über alles verhandelt werden; es dürfen alle verhandeln; und es können auch alle verhandeln, weil sie es sich in ähnlicher Weise leisten können, ihren Einsatz in Frage zu stellen. Die Freiheit zu verhandeln schließt die Freiheit ein, Verhandlungen scheitern zu lassen und zu gehen.

Freiheit und Gleichheit werden verwirklicht (und sind vereinbar, ja identisch) in der Freien Kooperation. In einer freien Kooperation werden keine überkommenen Rechte und Regeln an- erkannt (außer als vorläufiger Ausgangspunkt). In einer freien Kooperation sind die Beteiligten frei, sich der Kooperation zu entziehen, d.h. sie zu verlassen; sie sind frei, ihre Kooperationsleistungen einzuschränken oder unter Bedingungen zu stellen, um dadurch Einfluss auf die Regeln zu nehmen. Freie Kooperation hat zur Voraussetzung, dass alle Beteiligten diese Form der Einflussnahme (oder der Aufkündigung) auch praktizieren können, und zwar zu einem vergleichbaren und vertretbaren Preis. Diese Voraussetzung muss immer wieder neu hergestellt und durchgesetzt werden.

  1. Die Theorie der freien Kooperation stellt keine fixen Modelle auf, wie die "gute Gesellschaft", das "richtige Leben", die "korrekte Beziehung", die "gesunde Lebensführung" etc. auszusehen hat. Sie versucht nicht, die Welt zu verbessern, sondern nur, den Menschen den Rücken zu stärken. Die Politik der freien Kooperation beschränkt sich darauf, Voraussetzungen durchzusetzen, unter denen das Scheitern der Kooperation (oder ihre Einschränkung) für alle Beteiligten zu einem vergleichbaren und vertretbaren Preis möglich ist. Sie weiß nicht, was bei Verhandlungen unter diesen Voraussetzungen im konkreten Fall herauskommt. Sie oktroyiert niemand etwas auf. Sie sagt lediglich denjenigen, die mit ihren Kooperationen nicht zufrieden sind: "Lasst euch nicht abspeisen!"
  2. Die Theorie der freien Kooperation behauptet nicht, einen privilegierten Zugang zur Wahrheit zu haben. Sie erhebt keinen Anspruch, etwas zu wissen, was nicht jeder und jedem prinzipiell aus eigener Erfahrung zugänglich ist. Sie führt keine Führerscheine für Emanzipation ein, wonach man sich das Recht zu verhandeln erst verdienen oder sich dafür qualifizieren müsste, sie setzt auch keine bestimmte Versprachlichung und Verregelung als Eintrittsticket voraus. Sie berät Individuen und Gruppen auf die Frage hin: "Wie werden wir frei und gleich?", indem sie strukturierte historische Erfahrungen in einer verstehbaren Begrifflichkeit und Systematisierung zur Verfügung stellt. Sie rät, das Recht zu verhandeln keinesfalls an irgendwelche Strukturen formalisierter Entscheidungsfindung, an irgendwelche übergeordnete Instanzen, an irgendwelche Chef- und Vordenker abzugeben. Sie rät zu Druck und realer Einschränkung von Kooperation im Konflikt und zu prinzipiellem Misstrauen gegenüber allen diskursiven Verfahren, die Individuen und Gruppen einreden, was sie wirklich wollen oder wem sie angeblich implizit zugestimmt haben.(21)
  3. Für die Theorie der freien Kooperation gibt es keine Orte in der Gesellschaft und keine Arten von Kooperation, die wichtiger wären als andere. Sie verfolgt ein selbstähnliches Konzept, wonach politische Utopie darin besteht, eine andere Logik sozialer Beziehungen zu propagieren und durchzusetzen, und zwar für alle Arten sozialer Beziehung. Gesellschaftliche Veränderung ist ein komplexer Prozess ohne Vorher-Nachher-Effekt (nach dem Motto: erst den Staat ändern, dann die privaten Beziehungen; erst die Eigentumsverhältnisse ändern, dann die Formen der Organisation usw.). Freie Kooperation befürwortet keine Zusammenbrüche. Sie hält es für rational, wenn Menschen vor raschen Umorganisationen der Gesellschaft Angst haben, weil sie nicht wissen, was das für die Gesamtheit ihrer Kooperationen für Folgen hat. (Sie hält es allerdings für irrational, wenn Menschen umgekehrt keine Angst davor haben, dass es ewig so weitergeht wie bisher.) Freie Kooperation lehnt es prinzipiell ab, Widerstände gegen geplante "Großveränderungen" zu brechen mit dem Hinweis, hinterher werde sich das für alle als segensreich erweisen. Der einzige Widerstand, den sie zu brechen rät, notfalls auch mit Gewalt, ist der, jemanden weder verhandeln zu lassen noch zu einem vergleichbaren und vertretbaren Preis gehen zu lassen.
  4. Die veränderte Blickrichtung (nicht die gute Gesellschaft schaffen, sondern die Möglichkeit freien und gleichen Verhandelns durchsetzen) bedeutet auch eine veränderte Vorstellung von Radikalität. Radikal sein heißt im Sinne der freien Kooperation, keinen gesellschaftlichen Bereich, keine soziale Kooperation vom Anspruch der freien Kooperation auszunehmen; es bedeutet, sich diesen Anspruch nicht abkaufen zu lassen; und es bedeutet, ihn wirklich durchsetzen zu wollen und sich nicht mit symbolischen Gesten zufrieden zu geben. Verabschiedet wird damit ein Pseudobegriff von Radikalität, der auf der Trennung von "politischem Menschen" und Alltagsmenschen beruht. Derartige Pseudoradikalität kennt keine Zwischenschritte, keine Kompromisse, sie lässt keine Einwände gegen die Zumutungen gelten, die ein "möglichst radikales" Vorgehen den Menschen auferlegt. Im Grunde sollten wir am besten erstmal alles in die Luft sprengen, um es dann gründlich richtig zu machen - was ein wenig alltagstaugliches Konzept ist. Derartige falsche Radikalität ist immer patriarchal und immer elitär, denn man muss sie sich leisten können. "Frauen können diese Notwendigkeit (der Reproduktion auch unter den gegebenen Bedingungen) nicht in gleicher Weise ignorieren, schon deshalb weil sie sich in höherer Weise für Kinder verantwortlich fühlen, aber auch deshalb, weil z.B. die meisten Männer unter Bedingungen Politik machen, unter denen die meisten Frauen weder leben noch arbeiten können. Die 'radikale Trennung' legitimiert die interne Vorherrschaft derer, die sich 'am radikalsten freimachen können', und das sind allemal Männer."(24)

Das Revolutionäre Frauengesetz der EZLN (der zapatistischen Befreiungsarmee) vom 8.3.1993, fast ein Jahr vor Beginn des bewaffneten Aufstands in Chiapas, entstand aus den Frauenversammlungen in verschiedenen Dörfern. Die Frauen machten ihre Mitwirkung am Aufstand abhängig davon, dass ihre gesellschaftliche Stellung sich änderte. Sie benutzten die Formel "Nein, wenn nicht ..." Sie konnten niemanden zwingen. Die Männer der EZLN hätten den Aufstand ohne die ausdrückliche Mitwirkung der Frauen versuchen können. Sie hätten ihn auch bleiben lassen können. Oder verschieben. Aber sie konnten die Frauen ihrerseits nicht zwingen. Sie konnten sie auch nicht vertrösten. Sie wussten, dass der Aufstand ohne die Mitwirkung der Frauen wenig Chancen gehabt hätte. Jedenfalls einigte man sich. "Gut, also dann ..." So funktionieren soziale Prozesse zwischen Freien und Gleichen. In freier Verhandlung, gestützt auf einen ähnlich hohen, aber möglichen Preis des Scheiterns; ohne einen richtenden Dritten, mit keiner anderen Instanz als den Beteiligten, mit keinem anderen Druckmittel als dem der Kooperation oder Nichtkooperation, die alle Beteiligten ähnlich hart treffen würde. Punkt. Es gibt nichts anderes.

Text von Christoph Spehr: http://www.rosalux.de/cms/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Preise/rlspreis.pdf (früher http://www.rosaluxemburgstiftung.de/Einzel/Preis/rlspreis.pdf)
Gesamttext und ergänzende Texte als pdf-Datei: http://www.rosalux.de/cms/fileadmin/rls_uploads/pdfs/texte9.pdf
Einige wesentliche Zitate, Verweise zu Diskussionen zu diesem Text und weiterführende Gedanken von Annette Schlemm: http://www.thur.de/philo/ag.htm
Kurzfassung des Textes mit Verweisen zu weiteren Texten, die sich damit auseinandersetzen: http://home.t-online.de/home/bertram.koehler/Rahmen/gleicher.htm

beschlossen von AG Visionen, Text von Holger, Verweise ergänzt und ins Internet gestellt von Uwe
Haftungs Ausschluss.

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