SearchWiki:

Infos und Hinweise

(Aktive) AGs von attac-Dresden

Die Nachbarn
siehe auch https://www.attac.de/was-ist-attac/strukturen/attac-netzwerk/regionalgruppen: * Attac an der TU Dresden - attac Campusgruppe der TU Dresden * attac Polen (in der Landessprache) ... die anderen haben leider keine Webseiten.

weitere Links, die keine Beziehung zu attac haben
Wir haben keinerlei Einfluss auf die Gestaltung und die Inhalte der gelinkten Seiten. Deshalb distanzieren wir uns hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten Seiten. * AFS (American Field Service) Komitee Dresden - internationales Jugendaustauschprogramm * Kandidatenwatch - löcher' Deinen Wahlkreiskandidaten! * Wahl-o-mat der BZpB

(Auswahlleiste bearbeiten)

Recent Changes Printable View Page History Edit Page

Der Indianer und der Yankee

von B. Traven

Diese Geschichte zeigt den Widerspruch zwischen einfachem und gewinnorientiertem Handel (vergleiche Gedanken zum Thema Geld) und eine Möglichkeit zum Widerstand gegen gewinnorientierten Handel.


In ein kleines indianisches Dorf im Staate Oxaca kam ein Amerikaner, der das Land sehen wollte. Er kam zur Hütte eines Indianers, der sich seinen Lebensunterhalt dadurch verbesserte, daß er in der freien Zeit, die ihm von seiner Tätigkeit auf seinem Maisfeld blieb, kleine Körbe herstellte. Diese Körbchen wurden aus Bast geflochten, der in verschiedenen Farben, die der Indianer aus Pflanzen und Hölzern zog, gefärbt war. Der Mann verstand diese vielfarbigen Baststrähnen so künstlerisch zu verflechten, daß, wenn das Körbchen fertig war, es aussah, als wäre es mit Figuren, Ornamenten, Blumen und Tieren bedeckt.

Der Indianer versorgt sich also hauptsächlich mit selbst angebauten Lebensmitteln. Dies sichert ihm eine relative wirtschaftliche Unabhängigkeit. Inwiefern er auf den Erlös aus den Körbchen angewiesen ist, um andere notwendige Dinge zu beschaffen, geht aus der Geschichte nicht hervor. Zumindest ist offensichtlich seine Existenz nicht davon abhängig. Vielleicht fertigt er die Körbchen auch nur an, weil es ihm Freude macht bzw. er Anderen eine Freude bereiten will.

Obgleich er an jedem Körbchen beinahe einen Tag arbeitete, verlangte er auf dem Markt dafür nie mehr als fünfzig Centavos.

Dies ist ein typisches Beispiel für einfachen Handel. Es wird nicht versucht, einen großen Gewinn damit zu machen, sondern nur eine Entschädigung für den Aufwand zu bekommen. Außerdem wird so die Kaufkraft der mit ihm lebenden Leute berücksichtigt.

Der Indianer hockte vor seiner Hütte auf dem Erdboden und flocht die Körbchen. Sagt der Amerikaner: "Was kostet so ein Körbchen, Freund?"

"Fünfzig Centavos, Senjor", antwortete der Indianer.

"Gut, ich kaufe eines, ich weiß schon, wem ich damit eine Freude machen kann." Er hatte erwartet, daß das Körbchen zwei Pesos kosten würde. Als ihm das klar zu Bewußtsein kam, dachte er sofort an Geschäfte: Er fragte: "Was kostet das Stück, wenn ich Ihnen zehn dieser Körbe abkaufe?"

Der Indianer dachte eine Weile nach und sagte "Dann kostet das Stück fünfundvierzig Centavos."

"Und wenn ich hundert kaufe?"

"Dann vierzig Centavos."

Der Amerikaner denkt entsprechend der Prinzipien gewinnorientierten Handels. Er kauft und verkauft, um damit Gewinn zu erzielen. Der Indianer dagegen will offensichtlich keinen großen Gewinn machen. Nach den Prinzipien der gewinnorientierten Marktwirtschaft müssten die Preise bei wachsender Nachfrage nämlich steigen und nicht fallen. Vielleicht hält der Indianer es wirklich für möglich, dass der Amerikaner mit den Körbchen anderen Menschen eine Freude bereiten will.

Der Amerikaner kaufte vierzehn Körbchen. Das war alles, was der Indianer auf Vorrat hatte. Als der Amerikaner nun glaubte, Mexiko gesehen zu haben und gut zu kennen, reiste er zurück nach New York. Und als er wieder mittendrin war in seinen Geschäften, dachte er an die Körbchen.

Er ging zu einem Schokoladengroßhändler und sagte zu ihm: "Ich kann Ihnen hier ein Körbchen anbieten, das sich als sehr originelle Geschenkpackung für feine Schokoladen verwenden läßt."

Der Schokoladenhändler besah das Körbchen mit großer Sachkenntnis. Er rief seinen Teilhaber herbei und endlich auch noch seinen Manager. Sie besprachen sich, und dann sagte der Händler: "Ich zahle zwei und einen halben Dollar das Stück." Der Mexikoreisende rechnete nach. Der Indianer hatte ihm, bei einer Abnahme von hundert, das Stück für vierzig Centavos angeboten. Das waren zwanzig Cents. Er verkaufte das Stück für zwei und einen halben Dollar. Dadurch verdiente er am Stück zwei Dollar, dreißig Cent oder ungefähr zwölfhundert Prozent. "Ich denke, ich kann es für diesen Preis tun", sagte er. Worauf der Händler antwortete: "Aber unter einer wichtigen Bedingung. Sie müssen mir fünftausend Stuck dieser Körbchen liefern können. Weniger hat für mich gar keinen Wert, weil sich sonst die Reklame nicht bezahlt, die ich für diese Neuheit machen muß."

Das Körbchen verliert beim gewinnorientierten Handel seinen Gebrauchswert. Es hat nur noch Tauschwert. Damit es überhaupt verteilt wird, wird zuerst Reklame dafür gemacht. Reklame dient ja bekanntlich dazu, Dinge zu kaufen, die man nicht braucht, für Geld, das man nicht hat, um Leute zu beeindrucken, die man nicht leiden kann. Hier wird auch ein Grund genannt, warum beim gewinnorientierten Handel so sehr auf Massenproduktion (mit den bekannten schädlichen sozialen, ökologischen und Qualitätsfolgen) gesetzt wird.

"Abgeschlossen", sagte der Mexikokenner. Er hatte rund etwa zwölftausend Dollar verdient, von welchem Betrage nur die Reise abging und der Transport bis zur nächsten Bahnstation.

Er reiste sofort zurück nach Mexiko und suchte den Indianer auf. "Ich habe ein großes Geschäft für Sie", sagte der Amerikaner. "Können Sie fünftausend dieser Körbchen anfertigen?"

"Ja, das kann ich gut. Soviel, wie Sie haben wollen. Es dauert eine Zeit. Der Bast muß vorsichtig behandelt werden, das kostet Zeit. Aber ich kann so viele Körbchen machen, wie Sie wollen."

Der Indianer will die Qualität beibehalten.

Der Amerikaner hatte erwartet, daß der Indianer, als er von dem großen Geschäft hörte, halbtoll werden würde, etwa, wie ein amerikanischer Automobilhändler, der auf einen Schlag fünfzig "Dodge Brothers" verkauft hat. Aber der Indianer regte sich nicht auf. Er flocht ruhig weiter an seinem Körbchen, das er gerade in den Händen hatte. Es wären vielleicht noch fünfhundert Dollar extra zu verdienen, womit die Reisekosten hätten gedeckt werden können, dachte der Amerikaner, denn bei einem so großen Auftrag könnte der Preis für das einzelne Körbchen sicher noch ein wenig herabgedrückt werden.

Der Amerikaner kann überhaupt nicht verstehen, wie jemand nicht gewinnorientiert denken kann. Trotz seines beabsichtigten Riesengewinns, will er den Preis weiter drücken. Wer das gewinnorientierte Denken verinnerlicht hat, kann nie genug bekommen.

"Sie haben mir gesagt, daß Sie mir das Körbchen das Stück für vierzig Centavos verkaufen können, wenn ich hundert Stück bestelle", sagte der Amerikaner nun.

"Ja, das habe ich gesagt", bestätigte der Indianer. "Was ich gesagt habe, dabei bleibt es."

"Gut dann", redete der Amerikaner weiter, "aber Sie haben mir nicht gesagt, wieviel ein Körbchen kostet, wenn ich tausend Stück bestelle."

"Sie haben mich nicht darum befragt, Senjor."

"Das ist richtig. Aber ich möchte Sie jetzt um den Preis für das Stück fragen, wenn ich tausend Stück bestelle und wenn Ich fünftausend bestelle."

Der Indianer unterbrach jetzt seine Arbeit, um nachrechnen zu können. Nach einer Weile sagte er: "Das ist zuviel, das kann ich so schnell nicht ausrechnen. Das muß ich mir gut überlegen. Ich werde darüber schlafen und es Ihnen morgen sagen."

Der Amerikaner kam am nächsten Morgen zum Indianer, um über den neuen Preis zu hören. Er fragte: "Haben Sie den Preis für tausend und für fünftausend Stück ausgerechnet?"

"Ja, das habe ich, Senjor. Und ich habe mir viel Sorge und Mühe gemacht, das genau auszurechnen, um sie nicht zu betrügen. Der Preis ist ganz genau ausgerechnet. Also wenn ich tausend Stück machen soll dann kostet das Stück zwei Pesos und wenn ich fünftausend Stück machen soll, dann kostet das Stück vier Pesos."

Der Amerikaner war sicher, nicht richtig verstanden zu haben. Vielleicht war sein schlechtes Spanisch daran schuld.

"Aber Sie haben mir doch gesagt daß bei hundert das Stück vierzig Centavos kostet."

"Das ist auch die Wahrheit. Ich verkaufe Ihnen hundert, das Stück für vierzig Centavos." Der Indianer blieb sehr ruhig, denn er hatte sich alles ausgerechnet, und es lag kein Grund vor, zu streiten.

"Senjor, Sie müssen das doch selbst einsehen, daß ich bei tausend Stück viel mehr Arbeit habe als mit hundert, und mit fünftausend habe ich noch viel mehr Arbeit als mit tausend. Das ist gewiß jedem vernünftigen Menschen klar. Ich brauche für tausend viel mehr Bast, habe viel länger nach den Farben zu suchen und sie auszukochen. Der Bast liegt nicht gleich so fertig da. Der muß gut und sorgfältig getrocknet werden. Und wenn ich so viele Tausend Körbchen machen soll, was wird dann aus meinem Maisfeld und aus meinem Vieh? Und dann müssen mir meine Söhne, meine Brüder und meine Neffen und Onkel helfen beim Flechten. Was wird denn da aus deren Maisfeldern und aus deren Vieh? Das wird dann alles sehr teuer. Ich habe gewiß gedacht, Ihnen sehr gefällig zu sein und so billig als möglich. Aber das ist mein letztes Wort, Senjor, verdad, ultima palabra, zwei Pesos das Stück bei tausend und vier Pesos das Stück bei fünftausend."

Sachlich ist dies durchaus richtig. Er würde sich in Abhängigkeit von dem Amerikaner begeben. Aber vielleicht hat er auch gemerkt, dass das Geschäft nicht so abläuft, wie er es für richtig hält und will es deshalb unbedingt verhindern. Da er aber in der schwächeren Position ist, betont er, dass dies möglichst billig ist und begründet seine Position sehr gut.

Der Amerikaner reiste in Wut zurück nach New York, und alles, was er zu dem Schokoladenhändler sagen konnte, um seinen Vertrag lösen zu können, war: "Mit den Mexikanern kann man keine Geschäfte machen, für diese Leute ist keine Hoffnung."

Leider auch eine heute sehr weit verbreitete Position. Wenn die Ärmeren sich nicht von den Reicheren ausbeuten lassen wollen, wird erklärt, sie würden sich damit ihre Zukunft verbauen. Dies betrifft sowohl die Ärmeren in den Industriestaaten, als auch die Menschen in der 2/3(Zweidrittel)-Welt. Dagegen ist Widerstand erforderlich, wie ihn der Indianer gezeigt hat.

So wurde New York davor bewahrt, von Tausenden dieser köstlichen Kunstwerke überschwemmt zu werden. Und so wurde es möglich, zu verhüten, daß diese Ausdrücke der Seele eines mexikanischen Indianers in den Kehrichttonnen der Fifth Avenue gefunden wurden.

2 negative Folgen der Gewinnorientierung: Entwertung von Kunstwerken, Müll.

ins Netz gestellt und mit persönlichen Kommentaren versehen von Uwe


Von wo kommt denn der Text? Kannst Du noch ne Quelle dazuschreiben? Danke Michael
Quelle:
Aus: "Das große Jugendmagazin". Zusammengestellt von Hans-Peter Wetzstein. Der Kinderbuchverlag, Berlin 1961
zitiert nach:
"Unser Lesebuch. 6.Klasse", Redaktion: Renate Gerecke, Irmtraut Haust, Brigitte Horak, Ausgabe 1967, 14.Auflage, Volk und Wissen, Volkseigener Verlag, Berlin 1980, S.136-138

Uwe
Haftungs Ausschluss

zurück zur Startseite der AG Visionen

<< Schritte zu einer guten Energieversorgung | AgVisionen.Inhaltsverzeichnis | Vom Handel >>
Edit Page - Page History - Printable View - Recent Changes - WikiHelp - SearchWiki
Page last modified on May 03, 2016, at 08:37 PM