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InitiativeGrundeinkommen: AnmerkungenVonUwe

Anmerkungen von Uwe zu den Gründen gegen ein BGE und den Gegenargumenten

Diese Anmerkungen beziehen sich auf die beiden Texte:

Zu 1.)
Ich würde es begrüßen, wenn GegnerInnen des BGE nicht unsachlich angegriffen werden. Dies gilt mindestens, sofern sie die gleiche politische Richtung hin zur sozialen Gerechtigkeit vertreten. So kann nicht verlangt werden, dass die gleichen Worte (z.B. "Grundsicherung" - "Grundeinkommen") verwendet werden. Die Gruppe um Nele Hirsch will "höhere Bedarfssätze und ein wesentlich einfacheres Antragsverfahren". Das wollen wir ja auch. Das einfachste Antragsverfahren ist die antragslose Zuteilung. Und für die Einkommenssteuer, einschließlich des für das Grundeinkommen verwendeten Anteils, müssen auch bei unserem Modell gewisse Anträge gestellt werden. Außerdem gehören dazu auch "eine Offenlegung von Verhältnissen" und die "Prüfung" dieser. Den einzigen Unterschied sehe ich lediglich darin, dass die Gruppe um Nele Hirsch nur dann das Geld auszahlen will, wenn der auszuzahlende Betrag größer ist als dieser Steueranteil. Das ist für mich aber kein wesentlicher Unterschied. Und den "Zwang, jede zumutbare Arbeit annehmen zu müssen", hat die Gruppe um Nele Hirsch nicht gefordert.

Zu 2.)
Ob das "Quantum der in einer Ware enthaltenen abstrakten Arbeit den Wert einer Ware" verkörpert, haben wir schon ausführlich diskutiert (z.B. http://mtw.free.fr/attacwiki/index.php?pagename=AgVisionen.PreiseUndLohnarbeit). Wir sind uns nicht einig geworden. Deshalb schreibe ich dazu keine Kritik. Die Gruppe um Nele Hirsch kann dafür kritisiert werden, dass sie nicht klar ausdrückt, dass gute Arbeit keine Erwerbsarbeit sein kann. Sie behauptet in diesem Punkt aber auch nicht das Gegenteil. Wenn sie positive Arbeit meint, schreibt sie nicht Erwerbsarbeit. Vorwerfen kann man ihr bestenfalls den starken Glauben an Arbeit. Wenn sie aber dasjenige meint, was ich unter Tätigkeit verstehe, also einschließlich Gespräche und Nachdenken / Meditation sehe ich ebenfalls keine großen Unterschiede zwischen unseren Positionen. Und zur Individualisierung:
Um sie zu bekämpfen, sind gemeinsame Tätigkeiten notwendig. Befürchtet wird, dass mit einem BGE die Menschen sich einfach in ihr Privatleben zurückziehen (z.B. nur fernsehen) und nicht mehr für gemeinsame Ziele aktiv sind. Tatsächlich wird dies in der gegenwärtigen Gesellschaft gefördert. Deshalb ist neben einem BGE auch notwendig, vorzuleben, dass sich der Einsatz für gemeinsame selbstbestimmte Ziele lohnt. Außerdem müssen entsprechende Möglichkeiten vorhanden sein und bekannt gemacht werden.

Zu 3.)
Auch ich bin "für eine Gesellschaft, in der sich alle einbringen können, in der demokratisch über die Ausrichtung der Produktion entschieden und somit über die Arbeit wiederum gesellschaftlicher Fortschritt befördert wird." Dies bedeutet aber u.a. die erwähnte allmähliche Aufhebung der Trennung von Arbeit und Freizeit. Auch dass Menschen weiterhin tätig sein müssen, damit die notwendigen Bedarfsgüter produziert werden, ist unstrittig. Dabei bin ich jedoch dafür, dass die Tätigkeiten zuerst nach Interesse ausgeübt werden. Nur wenn das nicht ausreicht, muss gemeinsam eine Lösung gefunden werden. Eine Mindestpflichtarbeit für alle Geeigneten halte ich für keine gute Lösung. Wer aktiv ist, kann ein höheres Ansehen genießen und größeren Einfluss haben. Es kann auch verlangt werden, dass alle im Rahmen ihrer Fähigkeiten etwas für die Gesellschaft beitragen, wenn sie deren Vorteile nutzen wollen. Aber wegen sehr breit gefächerten Interessen sind solche Forderungen vermutlich nicht notwendig.
Richtig ist jedoch auch, dass sich "eine gleiche Verteilung von beruflichen Möglichkeiten und Einkommen ... mit einem bedingungslosen Grundeinkommen nicht erreichen" lässt. Die Einkommen werden nur angenähert. Und bei bestimmten Tätigkeiten sind sehr aufwändige Produktionsmittel notwendig. Bei Nichtvorhandensein oder Nichtverfügbarkeit können diese Tätigkeiten nicht ausgeübt werden. Deshalb sind auch eine Umverteilung der Produktionsmittel und entsprechende Auseinandersetzungen weiterhin nötig. Wenn aber Menschen die Produktionsmittel nicht nutzen, sind auch die Produktionsmittel nutzlos. Dies erleichtert die Auseinandersetzungen für die Produktionsmittellosen.

Zu 4.)
ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen sind Bezeichnungen der Gegenseite, um die Arbeitenden, also diejenigen, die die Werte schaffen, als Empfangende herabzuwürdigen. In Wirklichkeit entsteht Erwerbsarbeit in der gegenwärtigen Gesellschaft durch kaufkräftige Nachfrage. Verrichtet wird sie von den Arbeitenden, die Unternehmer(innen) / Kapitalbesitzenden schöpfen den dabei erzielten Gewinn ab und das Management sorgt dafür, dass dies reibungslos durchgeführt werden kann. Deshalb sollten zumindest wir von den Arbeitenden / (abhängig) Beschäftigten und Unternehmer(innen) / Kapitalbesitzenden sprechen, wenn wir nicht von den Ausgebeuteten und Ausbeutern sprechen wollen.
Wie bereits angedeutet, hängt von der Höhe und sonstiger Ausgestaltung des BGE ab, ob es die Kapitalbesitzenden oder die Arbeitenden stärkt. Versuche, "den Kündigungsschutz aus(zu)hebeln und Löhne nach unten (zu) drücken", gibt es unabhängig vom BGE. Wie erfolgreich sie sind, hängt nicht von der Begründung, sondern von den gesellschaftlichen Machtverhältnissen ab. Wenn also das BGE hoch genug ist, dass die Arbeitenden nicht mehr erpressbar sind, stärkt dies ihre Position. Wenn es so niedrig ist, dass sie weiterhin erpressbar sind, bleibt es beim gegenwärtigen Zustand.

Zu 5.)
Hier gibt es weitestgehende Übereinstimmung zwischen der Gruppe um Nele Hirsch, Bernd (Initiative Grundeinkommen Dresden und Umgebung) und mir. Ergänzen möchte ich nur, dass meine Erfahrungen an der Universität zeigen, dass Menschen auch schädliche Tätigkeiten ausüben, weil sie interessant sind. In vielen Bereichen können Produkte auch sehr unterschiedlich genutzt werden. Damit ist auch eine schädliche Verwendung möglich. Deshalb ist es notwendig, dass "demokratisch über die Ausrichtung der Produktion entschieden" wird, wie es im Punkt 3 gefordert wird.

Zu 6.)
Wie im Punkt 3 erwähnt, erfordert, "sich nach eigener Maßgabe in der materiellen Produktion oder woanders zu engagieren", auch die Verfügung über die entsprechenden Produktionsmittel. Aber das BGE "zementiert gesellschaftliche Ausgrenzung" nicht. Im ungünstigsten Fall ändert es nichts an ihr. Das gilt auch für gesellschaftliche Teilhabe außerhalb der Erwerbsarbeit (z.B. soziale Arbeit, Kunst und Kultur). Deshalb dürfen entsprechende Aktivitäten nicht durch das BGE ersetzt werden.

Zu 7.)
Dazu verweise ich auf meine Bemerkungen zu Punkt 3. Deshalb unterstütze ich die Forderung: "Lasst uns die Eigentumsfrage stellen!" Diesbezüglich gibt es ja Einigkeit. Die von Bernd (Initiative Grundeinkommen Dresden und Umgebung) vorgeschlagene Vorgehensweise unterstütze ich. Um die Auseinandersetzung um die Produktionsmittel in der Industrie werden wir trotzdem nicht herumkommen. Von der Menge der Erzeugnisse her stimmt es nicht, dass "die Tätigkeiten und Prozesse zur Herstellung und Bereitstellung von Waren und vermarktungsfähigen Dienstleistungen immer mehr zu einer auch ökonomischen Randerscheinung werden". Dies wäre nur möglich, wenn die Gegenstände und Dienstleistungen nicht als Waren erzeugt würden. Dafür sind aber die entsprechenden Produktionsmittel notwendig.

Zu 8.)
Wie Bernd (Initiative Grundeinkommen Dresden und Umgebung) unterstütze ich die Forderungen von der Gruppe um Nele Hirsch "nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit genauso wie eine gezielte Förderung des Berufseinstiegs von Frauen nach einer Familienphase, der Ausbau öffentlicher Infrastruktur für Kinderbetreuung und Frauenquoten, um eine gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen zu erreichen". Nach einer Überwindung von Erwerbsarbeit würden sich die beiden ersten Punkte erledigen. Aber das ist noch nicht aktuell. Und natürlich reicht mehr Geld für ein selbstbestimmtes Leben nicht aus. Es beseitigt nur einige ökonomische Hindernisse. Zusätzlich müssen z.B. strukturelle Hindernisse, "tradierte Stereotype und patriarchale Unterdrückungsmuster überwunden werden".

Zu 9.)
Ich habe den "Anspruch, die Arbeitswelt selbst demokratisch umzugestalten". Deshalb betrifft mich diese Kritik von der Gruppe um Nele Hirsch nicht. Allerdings denke ich nicht, dass "die Arbeit gleichmäßig auf alle Schultern verteilt" werden sollte. Manche wollen mehr tun, andere weniger. Außerdem sind viele Arbeiten nicht miteinander vergleichbar. Es sollte nur niemand benachteiligt werden.

Zu 10.)
Bernd (Initiative Grundeinkommen Dresden und Umgebung) hat dazu einiges klargestellt. Hierzu verweise ich auf meine Bemerkungen zu den Punkten 3 und 7. Dass mit einem BGE plötzlich alle aufhören, einer Erwerbsarbeit nachzugehen, halte ich für unrealistisch. Es gibt viele, die auch mit BGE einer Erwerbsarbeit nachgehen wollen. Deshalb wird es ein allmählicher Prozess sein. Entscheidend für die Auswirkungen wird sein, inwiefern es gelingt, alternative Ökonomien aufzubauen.

Zu 11.)
Was die Gruppe um Nele Hirsch kritisiert, ist die Bruttorechnung. Entscheidend sind aber die Netto-Umverteilungen. Wenn Reichere wesentlich mehr zur Finanzierung des BGE beitragen als Ärmere, erledigt sich ihre Kritik. Dann ist es nur noch eine Frage des bürokratischen Aufwands, ob gleich die Differenz gezahlt wird oder alle das BGE erhalten (siehe Punkt 1). Und nur die nichtlinken Modelle sind "Wasser auf die Mühlen all derjenigen ..., die Kombilohnmodelle predigen, weitere Flexibilisierungen auf dem Arbeitsmarkt durchsetzen und Sozialabbau vorantreiben wollen". Linke wollen z.B. zusätzlich einen ausreichenden Mindestlohn und keinen Sozialabbau (siehe auch Punkt 4).

Uwe
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