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AgVisionen: RolleDerParteien

Rolle der Parteien

Diese Aussagen, wie auch die Aussagen in den meisten anderen Texten, sind das Ergebnis der Besprechungen in unserer AG Visionen. Sie entstammen nicht wissenschaftlichen Veröffentlichungen.

Kritik des Parteienkritikers Hans Herbert von Arnim in: Impuls (Mitgliedermagazin der KAB Deutschlands) vom September 2008, S. 16 - 18 (http://www.kab.de/mm/mm002/von_arnim.pdf) (bezieht sich auf sein Buch "Die Deutschlandakte")

Anmerkungen dazu vom 4.9.2008

Uwe

Beitrag aus der Tageszeitung junge Welt, 27.01.2009 / Thema / Seite 10: Alte Rezepte (http://www.jungewelt.de/2009/01-27/020.php?print=1)

Hans Herbert von Arnim fordert mehr direkte Demokratie. Dahinter steht keine emanzipatorische Perspektive, sondern das Konzept einer "Führerdemokratie" zum Schutz kapitalistischer Herrschaft

Thomas Wagner

Wer sich die Forderung nach mehr Demokratie auf die Fahnen schreibt, kann in der Regel mit einer positiven Resonanz rechnen. Das populäre Zauberwort verspricht eine größere Beteiligung der Menschen an politischen Entscheidungen, klingt nach Bürgernähe, lokaler Initiative und Graswurzelpower. Richtig ist: Gegen die Macht des Kapitals und die Herrschaft der Wenigen hilft nur eine demokratische Bewegung von unten. Doch nicht jeder, der den Wähler als Souverän beschwört, die Machenschaften politischer Eliten an den Pranger stellt, für Volksabstimmungen und mehr direkte Demokratie wirbt, hat wirklich den Abbau von Herrschaft und Ungleichheit im Sinn. Das zeigt die Parteienkritik des Bestsellerautors Hans Herbert von Arnim, der sich einer ausgesprochen demokratischen Rhetorik bedient, um seine durch und durch reaktionäre Systemanklage zu begründen.

"Seit Jahrzehnten beklagt der Speyerer Staatsrechtler in Talkshows die Allmacht der Parteien, die Selbstbedienungsmentalität der Eliten und die Verlotterung der Demokratie", charakterisiert der Stern (6.5.2008) die zahlreichen Fernsehauftritte und publizistischen Aktivitäten des 1939 in Darmstadt geborenen Autors, der sich in der Rolle eines unbestechlichen Systemkritikers aus der Mitte der Gesellschaft gefällt. Die Titel seiner Bücher sind Programm: "Fetter Bauch regiert nicht gern" (1997), "Vom schönen Schein der Demokratie. Politik ohne Verantwortung – am Volk vorbei" (2000), "Das System" (2001), "Das Europa-Komplott. Wie EU-Funktionäre unsere Demokratie verscherbeln" (2006).

Der ehemalige Leiter des Karl-Bräuer-Instituts des mittelstandsnahen Bundes der Steuerzahler polemisiert gegen Korruption und Machtmißbrauch von oben. Freilich ohne dabei die grundlegenden Herrschaftsverhältnisse in Frage zu stellen. Denn diese will er in Wirklichkeit zementieren. Das ständig neue Ungleichheit produzierende System kapitalistischer Herrschaft steht nicht zur Disposition. Die Frage, auf welche Weise die Wirtschaft demokratisiert, die Produktion des gesellschaftlichen Reichtums vernünftig geplant werden könnte, spielt für ihn nicht die geringste Rolle. Statt dessen unterbreitet Arnim Vorschläge, wie die Interessen der ökonomisch Mächtigen mit größerer Legitimation, reibungsloser und dadurch effektiver als bisher gegen die Interessen der Bevölkerungsmehrheit durchgesetzt werden können.

Rechtspopulistische Parteienkritik

Was auf den ersten Blick wie eine Auffrischung radikaldemokratischer Ideen erscheint, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als gut durchdachte Strategie, die organisierte Interessenvertretung der lohnabhängigen Schichten zu schwächen und einem plebizistisch legitimierten Präsidialregime den Weg zu bereiten, das die demokratischen Mitbestimmungschancen der Bevölkerung nicht erweitert, sondern immer weiter einzuschränken droht. Warum aber ist die Parteienkritik des emeritierten Hochschullehrers dann seit vielen Jahren auch bei Menschen populär, gegen deren Interessen sie sich doch richtet?

Hans Herbert von Arnims Kritik findet Gehör, weil viele Mißstände, die er beschreibt, ganz real vorhanden sind. Seit vielen Jahren stellt er die "Auswüchse der Politikerfinanzierung, insbesondere Mehrfachbezahlungen und -versorgungen" (http://www.hfv-speyer.de/VONARNIM/Listeausgveroeff.htm) an den Pranger, beklagt die Verschwendung von Steuergeldern, schwarze Kassen, fragwürdige Parteispenden oder die Erhöhung von Abgeordnetendiäten. "Die meisten Berufspolitiker richten sich nicht vorrangig nach dem Gemeinwohl, im Kollisionsfall dominieren vielmehr Eigeninteressen an Macht, Posten und Geld. Kungelei und Patronage bis hin zur Korruption sind an der Tagesordnung." (ebd.) Insoweit es Arnim gelingt, "die Eigeninteressen der politischen Klasse an Macht, Posten und Geld" (ebd.) aufzudecken, enthalten seine Texte nützliche Informationen.

Man kann ihm zustimmen, wenn er die Ablehnung von Volksabstimmungen über den neuen EU-Reformvertrag als Beispiel dafür nennt, "wie die europäische Demokratie immer weiter erodiert" (Arnim 2008, S. 21). Arnim hat richtig beobachtet, daß es in den liberalen Demokratien für den Wähler zunehmend unmöglich wird, "zwischen den einzelnen Parteien zu unterscheiden, ihnen eine bestimmte Politik zuzurechnen und sie dafür verantwortlich zu machen" (Arnim 2008, S. 326). Auch daß er eine größere Bürgerbeteiligung an politischen Entscheidungen, mehr direktdemokratische Elemente sowie Plebiszite als wirksame Mittel zur Kontrolle einer verselbständigten Politikerkaste und einer korrupten Wirtschaftselite fordert, klingt zunächst nicht falsch. Sieht man sich seine Lösungsvorschläge genauer an, dann wird jedoch recht bald deutlich, daß sie gar nicht darauf zielen, die demokratischen Handlungsmöglichkeiten der Bürger zu erweitern.

Angesichts der ersten parlamentarischen Erfolge der Partei Die Linke warnte der vermeintliche Anwalt der sogenannten kleinen Leute vor einer drohenden Unregierbarkeit Deutschlands, weil "durch den Einzug der Linken in Zukunft die Regierungsbildung erschwert" würde (taz, 5.8.2008). Arnims Vorschläge zur Reform des parlamentarischen Systems zielen nicht auf die Erweiterung des Rahmens politischer Pluralität. Nicht um die Repräsentation eines möglichst breiten Spektrums politischer Interessen oder um die Diskussion wirklicher Alternativen ist es ihm zu tun, sondern um Maßnahmen, die den ohnehin geringen Einfluß jener Organisationen weiter beschneiden sollen, die sich für die Interessen der Lohnabhängigen und hilfebedürftigen Transfergeldbezieher einsetzen. An die Stelle einer von Parteien getragenen Politik soll eine "'Regierung verantwortlicher Personen' treten ('responsible persons government'). Hier ist es weniger wichtig, für welches Programm die Partei eintritt, als welche Personen zur Wahl stehen." (Arnim 2008, S. 326) Die bisherigen Entscheidungsträger sollen mehr Machtmittel an die Hand bekommen, um das freie Walten der ökonomisch Mächtigen politisch gegen die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung durchzusetzen.

Die demokratische Legitimationsgrundlage dafür will er durch die plebiszitäre Selbstentmachtung des Wahlvolkes schaffen. Allein dazu dient die Demokratierhetorik, die er im Munde führt. Hierin liegt die Bestimmung von Volksbegehren und Volksentscheid, deren Ausweitung er bei jeder sich bietenden Gelegenheit fordert, damit "die Handlungsfähigkeit der Politik und ihr Vermögen, auf neue Herausforderungen zu reagieren, wiederhergestellt werden". (Arnim 2008, S. 34). Das ist weit entfernt von der Vorstellung, daß die Bürger sich künftig selbst regieren sollen. Die direkte Demokratie des Hans Herbert von Arnim meint das genaue Gegenteil. Er will mit ihrer Hilfe "den Staat begrenzen und seinen Anteil am Sozialprodukt möglichst niedrig halten" (Arnim 2008, S. 78).

Der radikale Abbau des Sozialstaats begann für Armin zu spät und geht noch nicht weit genug. "Die Reformen, mit denen sich die Große Koalition derzeit herumquält, hätten spätestens Mitte der neunziger Jahre angepackt werden müssen." (Arnim 2008, S. 71) Aber warum plädiert er für mehr direkte Demokratie, wenn es ihm in Wirklichkeit um den Abbau von Partizipationschancen der einfachen Staatsbürger zu tun ist?

Soft-Bonapartismus

Die demokratische Rhetorik soll dabei helfen, politische Zustände herbeizuführen, in denen das "Volk", das heißt, eine Masse vereinzelter, voneinander isolierter Individuen, in einem möglichst direkten, unmittelbaren Verhältnis zu seinen politischen "Führern" steht. Damit bemüht Arnim eine altgediente Methode politischer Propaganda, die zunächst im nachrevolutionären Frankreich zum Zuge kam, nachdem das Gottesgnadentum als Legitimationsprinzip politischer Herrschaft außer Kraft gesetzt worden war. Gemeint ist die Ideologie des Bonapartismus, deren Verfechter ständig darum bemüht sind, "die Geißel, die die Parteien sind, zu denunzieren, die sich zwischen den authentischen Volkswillen und den leader schieben, handele es sich nun um den leader des einzelnen örtlichen Wahlkreises oder den obersten Führer der Nation. Diese unmittelbare Beziehung wird – immer nach der bonapartistischen Propaganda – durch das Vorhandensein organisierter Parteien verfälscht." (Losurdo 2008, S. 369) Im Anschluß an Marxens berühmte Studie "Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte" (MEW 8, S. 111–207) zeigt der italienische Philosoph Domenico Losurdo, wie bereits die Propaganda des Louis Napoléon seit 1848 darauf insistierte, daß zwischen dem Volk und seinem Souverän kein Mittler sein dürfe. Die Parteien und politischen Organisationen wurden schon damals als Instrumente des Zwanges und der Erstickung der Spontaneität der Wählerschaft denunziert, die von all dem befreit werden müsse, damit sie mit dem lokalen Führer oder dem charismatischen Haupt der Nation in Beziehung treten könne (vgl. Losurdo 2008, S. 71).

Die Bemühungen der damals Herrschenden, "die organisierten politischen Parteien zurechtzustutzen und auszugrenzen" (Losurdo 2008, S. 374), werden in der rechtspopulistischen Parteienkritik unserer Tage fortgesetzt. Damals wie heute geht es darum, den Einfluß linker Parteien, Gewerkschaften und Organisationen einzuschränken, indem der Wahlkampf personalisiert wird, die Parteien in charismatische Individuen und die Bevölkerung in eine atomisierte Masse aufgelöst werden (Losurdo 2008, S. 73). Die heutige Spielart dieser Ideologie im Rahmen liberaler parlamentarischer Demokratien nennt Domenico Losurdo "Soft-Bonapartismus".

In Deutschland ist Hans Herbert von Arnim einer ihrer profiliertesten Vertreter. Auch er will den Einfluß der Parteien künftig ab-, die Rolle sogenannter charismatischer Persönlichkeiten dagegen aufgewertet sehen. Vorbild sind die USA, weil "dort die Parteien eine viel geringere Rolle" (taz, 5.8.2008) spielen, "der einzelne Kandidat zählt mehr. Ein kleines Stück davon sollten wir übernehmen". (ebd.) Die Politik benötige charismatische Figuren wie "Obama, denen sich keiner entziehen kann". (ebd.) Die hauptberuflichen Funktionäre in Parteien, Parlament und Regierung denunziert Armin dagegen pauschal als eigennützige politische Klasse, die für nahezu alle "Fehlentwicklungen verantwortlich ist" (Arnim 2008, S. 329), die die Bevölkerung nach 1945 habe ertragen müssen.

Telekratie

Politische Organisationen, "die noch den Anspruch erheben, als autonomes Zentrum intellektueller Produktion zu funktionieren" (Losurdo 2008, S. 370), will der Soft-Bonapartismus ausschalten. Am besten gelingt das mit Hilfe der elektronischen Massenmedien, die sich heute weitgehend in der Hand der Großbourgeosie befinden. Arnim läßt daher keinen Zweifel daran, wie er die Macht der Medien genutzt sehen will. Sie sollen den im Interesse der Wirtschaftseliten regierenden Politikern dabei helfen, die Bürger "unmittelbar anzusprechen, die öffentliche Meinung wirksam zu mobilisieren und dadurch die Funktionäre der Parteien und anderer intermediärer Gruppen und ihr Sperrfeuer auszumanövrieren." (Arnim 2008, S. 334f.)

Demokratische Willensbildungsprozesse, sprich: zeitaufwendige innerparteiliche Diskussionen und Abstimmungen über politische Richtungsentscheidungen, können umgangen werden, wenn Parteiführer den Kontakt zur Basis unmittelbar über die Medien herstellen und dafür der Organisationsleistung ihrer Parteien immer weniger bedürfen. Arnim begrüßt uneingeschränkt, daß die führenden Politiker im Medienzeitalter die angeblich "innovationsfeindlichen Auswirkungen der Parteien" (Arnim 2004, S. 208f.), ihre "Bremserrolle" (ebd.) hinsichtlich wirtschaftsfreundlicher Reformen besser zu neutralisieren vermögen als je zuvor. Denn die modernen Medienkanzler haben gelernt, ihre Bildschirmpräsenz zu nutzen, um sich effektiv gegen ihre eigene Parteibasis durchzusetzen. "Das macht ein Vergleich der beiden sozialdemokratischen Bundeskanzler Helmut Schmidt und Gerhard Schröder deutlich: Während Schmidt vor zwei Jahrzehnten an seiner Partei scheiterte, die ihm die Gefolgschaft aufkündigte, als es um den Abbau sozialstaatlicher Übertreibungen und die Durchsetzung des Nachrüstungsbeschlusses ging, fährt Schröder einen gezielten Kurs der 'Neuen Mitte' und läßt aufgrund seiner ständigen Fernsehpräsenz der SPD (…) kaum eine Chance, sich dagegen aufzulehnen." (Arnim 2004, S. 209)

Stellschraube Wahlrechtsreform

Bei aller Bewunderung für die manipulativen Möglichkeiten der modernen Massenmedien, der wichtigste Hebel, um den verhaßten Parteienstaat zu überwinden, ist für Hans Herbert von Arnim die Reform des Wahlrechts. Hier sieht er die "relevanten Stellschrauben des Systems" (Arnim 2004, S. 331), an denen drehen muß, wer das heutige politische System auf legalem Wege hinter sich lassen will. Daher kommt es ihm wie gerufen, daß vor wenigen Monaten ausgerechnet das Bundesverfassungsgericht den Deutschen Bundestag damit beauftragt hat, bis 2011 ein neues Wahlrecht zu beschließen.

Während aber die Karlsruher Richter künftig schlicht ausschließen wollen, daß infolge der komplizierten Berechnung sogenannter Überhangmandate der Stimmenzugewinn einer Partei nicht mehr, sondern weniger Mandate bringt, geht es Arnim mitnichten um eine möglichst proportionale Abbildung der Stimmenverteilung. Er hat sehr viel weitergehende Pläne und schlägt einschneidende institutionelle Veränderungen vor, mit deren Hilfe die vorgebliche "Entscheidungsschwäche ('Reformblockade')" (Arnim 2004, S. 349) der Politik überwunden werden soll. Am liebsten wäre es ihm, der Bundestag würde beschließen, "das einfache Mehrheitswahlrecht einzuführen" (Arnim 2004, S. 349). Denn dann könnten "die kleineren Parteien und ihr Personal von den beiden großen integriert" (Arnim 2004, S. 351) werden.

Derzeit hält Arnim diesen radikalen Schritt des Demokratieabbaus im Deutschen Bundestag aber nicht für durchsetzbar und schlägt alternativ eine Strategie der kleinen Schritte vor. So soll die Machtposition der Ministerpräsidenten der Länder gegenüber den Parlamentarien künftig durch ihre Direktwahl gestärkt werden (vgl. Arnim 2008, S. 334). Auf diese Weise erhielten sie "die für kraftvolles Regieren nötige demokratische Legitimation" (Arnim 2004, S. 336). Sie wären nun dazu ermächtigt, eine Reform der Verwaltung "notfalls auch gegen den Widerstand der öffentlichen Bediensteten (innerhalb und außerhalb des Parlaments) und ihrer Gewerkschaften durchzuführen" (Arnim 2004, S. 336). Für die Bundesebene schlägt Arnim vor, die Machtbefugnisse des Bundespräsidenten erheblich zu erweitern: "Um die verschiedenen unabhängigen Institutionen dem Einfluß der politischen Klasse zu entziehen, wäre es sinnvoll, den Bundespräsidenten direkt zu wählen und ihm die Rekrutierung der Richter, der Beamten etc. anzuvertrauen. Diese genössen dann wirklich demokratische Legitimation. Zugleich würde der schädliche Einfluß der politischen Klasse zurückgedrängt." (Arnim 2008, S. 332f.)

"Plebiszitäre Führerdemokratie"

Hans Herbert von Arnims Ruf nach mehr direkter Demokratie steht in keiner emanzipatorischen Tradition. Mit einem Ausbau partizipatorischer Elemente im politischen System, gar mit einer Ausdehnung der Demokratie auf die Wirtschaftsverfassung der Bundesrepublik hat er nichts im Sinn. Ganz im Gegenteil. Er will das kapitalistische System fortwährender Ungleichheitsproduktion mit Hilfe weitreichender politischer Reformen gegen Anfechtungen egalitär orientierter Gruppen und Parteien krisenfest absichern. Da in seinem Weltbild die privatwirtschaftliche Profitlogik und das Gemeinwohl im Grunde fast identisch sind, empfiehlt er dem politischen Personal, sich am Vorbild des autokratisch entscheidenden Wirtschaftsführers zu orientieren, "der auf eigene Rechnung wirtschaftet und vom Erfolg profitiert, aber auch für Mißerfolge voll einstehen muß". (Arnim 2008, S. 278) Verantwortliche Politiker, wie Arnim sie versteht, bringen "ein Verständnis für die Bedeutung und Anforderungen der Wirtschaft" (Arnim 2008, S. 180) auf, die sie gegen den Widerstand ihrer Parteibasis durchzusetzen verstehen.

Arnims politisches Denken speist sich zu großen Teilen aus der Überlieferung des konservativ geprägten deutschen Staatsrechts, das Demokratie in erster Linie als jene politische Form begreift, mit der Herrschaft heute am besten legitimiert werden kann. "Wie vormals 'Gottes Gnadentum den Monarchen und die staatliche Administration legitimierte, so geschieht dies heute über den Wahlakt. Staatliche Herrschaft wird über den Wahlakt legitimiert, er wird nicht gedacht als Versuch, Herrschaft zu reduzieren oder aufzuheben." (Fisahn 2008, S. 19) Ausdrücklich begrüßt Arnim Max Webers Vision einer "'plebiszitären Führerdemokratie', die er Anfang der zwanziger Jahre, also vor dem nationalsozialistischen Exzeß, noch ganz unbefangen entwickelt hatte" (Arnim 2004, S. 208f.). Der von Weber geforderte starke Reichspräsident, der vom Volk direkt gewählt wird, war im Rahmen der Weimarer Verfassungsverhandlungen tatsächlich installiert worden und hatte aufgrund seiner plebiszitären Legitimation und politischen Machtfülle einen bedeutenden Anteil daran, daß die Weimarer Parteiendemokratie ausgehebelt und die Naziherrschaft auf legalem Wege installiert werden konnte.

Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, daß Arnims 'Systemkritik' von Rechtsaußen viel Zuspruch erhält. Das reicht von Presseorganen wie der Jungen Freiheit (26.9.2008, S. 15) bis hin zur NPD, deren Führung den gut beleumundeten Staatsrechtler zitiert, um ihre Forderung zu unterstreichen, daß der "Parteienstaat" mit Hilfe von Volksabstimmungen überwunden werden müsse. (http://www.hfv-speyer.de/VONARNIM/Listeausgveroeff.htm) Die von der NPD angestrebte Ordnung, erläuterte ihr Parteivorsitzender Udo Voigt im Interview mit der Jungen Freiheit (40/2004, 24.9 2004), werde "eine Volksgemeinschaft sein, und ein wichtiger Eckpfeiler ist die direkte Beteiligung durch Volksabstimmungen, wie das zum Beispiel der Politologe Hans-Herbert von Arnim vorschlägt".

Literatur:

Ergänzungen vom 21.02.2013

Die sächsische SPD plant "ja jetzt das Schwerpunktjahr Demokratie - und unter anderem" lädt sie "Mitglieder wie Nichtmitglieder zu Regionalkonferenzen ein, um eben zu diskutieren, in welche Richtung(en) sich die Gesellschaft und damit auch die Politik weiter entwickeln muss, damit sie demokratischer und gerechter wird." (Zitate einer Verantwortlichen) Diese Verantwortliche ist der Meinung:
"Für eine weitere Demokratisierung bin ich also auch, allerdings ist dafür für mich nicht die Schwächung von Parteien (außer vielleicht der NPD!) die Lösung. Parteien sind ein demokratischer Akteur und es kommt darauf an, das Miteinander mit allen anderen miteinander offen zu gestalten. Und so freuen wir uns, wenn Menschen bei uns mitmachen wollen"
Zu diesem Angebot meinten wir:

Uwe
Haftungs Ausschluss

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