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5.3.7 Inhalte des Buches "Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus" von Max Weber und Diskussion darüber


Diese Aussagen, wie auch die Aussagen in den meisten anderen Texten, sind das Ergebnis der Besprechungen in unserer AG Visionen. Sie entstammen nicht wissenschaftlichen Veröffentlichungen.

Zusammenfassung von Uwe und Auseinandersetzung mit Max Webers Thesen

  • Max Weber war Soziologe. Er war kein politischer Ökonom. Er beschäftigte sich somit nicht mit den materiellen Grundlagen der von ihm untersuchten Auffassungen. Er war auch kein Theologe. Er untersuchte nicht, welche Rolle die von ihm untersuchten Aussagen im jeweiligen theologischen Gesamtsystem spielten. Ihn interessierte nur der Zusammenhang zwischen einer bestimmten Konfession und wirtschaftlichen Erfolg.
  • Max Weber stellte fest, dass der wirtschaftliche Erfolg sowohl bei den Kapitalbesitzenden als auch bei den abhängig Beschäftigten bei den Protestanten deutlich größer war als bei den Katholiken. Dies betrifft sowohl die Einzelpersonen als auch die entsprechenden Gebiete. Das gilt ebenso für die Bildungswege. Bei gemischter Bevölkerung besuchen Protestanten im Durchschnitt höhere Schulen als Katholiken. Das sind alles aber nur Durchschnittsaussagen. Diese sagen über die Einzelperson nichts aus.
  • Aus dieser Beobachtung fragte er nach den Ursachen. Dabei entdeckte er bei bestimmten Protestanten bestimmte Aussagen, die zum wirtschaftlichen Erfolg beitragen:
    • Luther führte die Bezeichnung Beruf für Erwerbsarbeit ein. Diese bezieht sich auf Berufung. Damit ist praktisch ein göttlicher Auftrag gemeint. Ähnliche Bezeichnungen fand er auch in anderen protestantischen Ländern. In katholischen Ländern fand er solche Bezeichnung nicht. Diese Bezeichnung ist eine Aufwertung der bürgerlichen Erwerbsarbeit. Vorher lief die Beziehung zu Gott über die Kirche. Bei den Mönchen und Nonnen standen Beten und Arbeiten gleichberechtigt nebeneinander. Und in der antiken Sklavenhaltergesellschaft war körperliche Arbeit nur etwas für die Armen und die Sklaven.
    • Im Kalvinismus zeigt sich der Grad der Auserwähltheit bei Gott auch schon im diesseitigen Leben am wirtschaftlichen Erfolg. Dies motiviert Menschen nach möglichst großem wirtschaftlichen Erfolg zu streben.
    • Max Weber zitiert aus zwei Schriften von Benjamin Franklin (1706 - 1790) aus seiner Zeit als junger Erwachsener. Dort lehrte er, dass seine Zeit und sein Geld zum Erwerb von mehr Besitz verwendet werden soll. Max Weber nahm diese Aussagen ernst. Andere betrachteten diese Aussagen als Ironie.
    • Daraus schlussfolgerte Max Weber, dass die protestantischen Vorstellungen dazu führ(t)en, dass die Menschen nach möglichst großem Erfolg streb(t)en. Dies würde sowohl die Entwicklung des Kapitalismus als auch den wirtschaftlichen Erfolg vieler Menschen mit diesem Glauben erklären.
  • Die Beobachtungen sind sicher richtig. Ob der Zusammenhang auch so stimmt, ist zweifelhaft. Es gibt Gründe dafür, dass es auch anders gewesen sein kann, als von Max Weber beschrieben.
    • Schon lange vor der Reformation gab es ähnliche Versuche, die Kirche zu reformieren. Genannt seien nur Franz von Assisi, die Waldenser und die Hussiten. Diese blieben aber nur lokal beschränkt. Dies hatte sicher Gründe.
    • Martin Luther selbst war Theologe. Der Anlass seiner Reformation war aber ein ökonomischer. Der Papst brauchte Geld für den Bau des Petersdoms. Also ließ er das verkaufen, was nach der damaligen Vorstellung allein die Kirche im Besitz hatte, die Vergebung der Sünden (Ablasshandel). Martin Luther begründete theologisch, warum dies nicht gerechtfertigt war. Damit hatte die Bevölkerung die Möglichkeit, ihr Geld zu behalten oder im Land zu lassen und nicht der katholischen Kirche zu geben, ohne Angst um ihr Seelenheil haben zu müssen. Die Landesherren hatten eine Rechtfertigung, sich den kirchlichen Besitz anzueignen. Somit profitierte eine ganze Menge von Personen davon. Dies waren einerseits die in ihrem Gebiet politisch Mächtigen, andererseits die wirtschaftlich Aufstrebenden. Dies wäre eine Erklärung für den Erfolg der Reformation zu dieser Zeit.
    • Die schweizerische Reformation (Calvin und Zwingli) war in den Städten erfolgreich, also in den Zentren der bürgerlichen Gesellschaft. Da ist es verständlich, wenn das wirtschaftlich aufstrebende Bürgertum versucht, die Bevormundung durch die Kirche loszuwerden.
    • Es war somit vermutlich so, dass das wirtschaftlich aufstrebende Bürgertum Vorstellungen entwickelt hat, die es aufwertete und eine Rechtfertigung für sein Handeln lieferte. Diese Vorstellungen verstärkten umgekehrt diese Verhaltensweisen. Beides zusammen begründete den wirtschaftlichen Erfolg. Dies ermöglichte diesen Vorstellungen, sich durchzusetzen. Solange es eine solche ökonomische Macht nicht gab, konnten solche Vorstellungen kleingehalten werden.
    • Zumindest bei Luther und in der heutigen protestantischen Theologie spielten die von Max Weber untersuchten Aussagen keine zentrale Rolle. Dort ging es um die Überwindung der Abhängigkeit von der katholischen Kirche und ihrem Lehramt. Dafür wurde sich auf die Bibel und nicht auf die Kirchenlehrer bezogen. Die Gnade Gottes, der Tod von Jesus und der Glauben führen zur Sündenvergebung und nicht Bußübungen und die Vermittlung durch die Kirchenhierarchie. Die einzelne Person kann somit unmittelbar Kontakt zu Gott aufnehmen. Aber natürlich braucht sie auch die Gewissheit, dass sie angenommen ist. Deshalb ist es naheliegend, dass ausgehend von den entsprechenden ökonomischen Verhältnissen entsprechend angepasste Lehren entwickelt werden. So ist die Aufwertung der Erwerbsarbeit zwar kein Kernbestand der Theologie, hilft aber den entsprechenden Menschen, diese Theologie für sich zu nutzen.
    • Ein spezielles Problem ist die Prädestinationslehre, die Lehre von der Vorherbestimmung. Bestimmte theologische Richtungen gehen davon aus, dass Gott allmächtig ist und will, dass alle Menschen zum Glauben an ihn kommen. Beobachtet wird aber, dass Menschen eben diesen Glauben ablehnen. Jesus lehrte diesbezüglich die Entscheidungsfähigkeit des Menschen. Andere lehnen dies als Selbsterlösung ab. Für sie kann es nur die Gnade Gottes geben. Demnach haben die Menschen, die diesen Glauben nicht annehmen, diese Gnade nicht erhalten. Dies darf aber nicht von ihrem Verhalten abhängen. Sonst könnten die Menschen sich ja selbst entscheiden. Deshalb wird postuliert, dass von vornherein bestimmte Menschen angenommen, andere aber verworfen worden sind. Wenn all das stimmen würde, haben die Menschen natürlich ein Interesse daran zu erfahren, zu welcher Gruppe sie denn nun gehören. In einer bürgerlichen / Warengesellschaft ist der wirtschaftliche Erfolg als Kriterium naheliegend. Das Kriterium ist relativ leicht messbar und entspricht den ökonomischen Verhältnissen. Die wirtschaftlich Mächtigen, die auch die Meinungen beherrschen, können sich so als auserwählt begreifen. Und die anderen sind nicht nur wirtschaftlich nicht erfolgreich, sie werden auch als von Gott verworfen herabgewürdigt.

Ergänzungen vom 5.6.2008

  • Teilweise bestehen Unklarheiten bei der Verwendung der richtigen Bezeichnungen für bestimmte Konfessionen / religiöse Richtungen. Im Titel des Buches von Max Weber ist zwar allgemein von protestantischer Ethik die Rede. Im Text wird aber durchaus zwischen Luther, Calvin und den Puritanern differenziert.
    • Bei Luther wird festgestellt, dass er am Anfang lediglich die Sonderrolle geistlicher Tätigkeit (z.B. Mönche und Nonnen) gegenüber weltlicher Tätigkeit im heilsgeschichtlichen Sinne bestritt. Erst im Laufe der Entwicklung und durchaus unter dem Einfluss des Bürgertums entwickelte sich daraus die Vorstellung von Erwerbsarbeit als göttlicher Auftrag.
    • Die volle Entfaltung der religiösen Voraussetzungen für den Geist des Kapitalismus fand er bei den Puritanern.
  • Zu diesen Voraussetzungen gehören:
    • Eine asketische Lebensweise: Luther lehnte ja die mönchische Askese als nicht heilsnotwendig ab. Die Lebensweise war nicht Voraussetzung des Heils, sondern eine Folge des durch die Gnade Gottes im Glauben vermittelten Heils. Allerdings entwickelte sich im Laufe der Zeit in einigen protestantischen Richtungen die Vorstellung, dass ein gottgefälliges Leben ganz wichtig ist. Einige verstehen darunter hauptsächlich die Nächstenliebe, andere eine tiefe Frömmigkeit mit entsprechenden Handlungen. Max Weber weist darauf hin, dass Letzteres viel wirksamer ist als der mehr vom Lehramt kommende äußere Druck. Diesem äußeren Druck können sich viele häufig entziehen. Bei einer inneren festen Überzeugung ist dies nicht möglich. Diese asketische Lebensweise führt dazu, dass das Erwirtschaftete nicht gleich wieder konsumiert wird und deshalb in Kapital umgewandelt werden kann.
    • Die erwähnte Betrachtung der Erwerbsarbeit als Beruf und damit als göttlicher Auftrag
    • Die sich aus der Prädestinationslehre ergebende Forderung, der eigenen gesellschaftlichen Stellung entsprechend zu handeln
  • In der Diskussion wurde darauf verwiesen, dass bereits am Ende der Antike die ökonomischen Voraussetzungen für den Übergang zum Kapitalismus vorhanden waren. Allerdings waren die geistigen Voraussetzungen nicht gegeben. Körperliche Arbeit galt nicht als entsprechend hochwertig. Nicht diskutiert wurde über die Frage, warum sie nicht als hochwertig galt.

Uwe

Haftungs Ausschluss

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