
[
http://www.flickr.com/photos/vitostreet/2454826546/]
Die Hauptakteure des öffentlichen Lebens - die ökonomischen, politischen, wissenschaftlichen und militärischen Eliten - verschmelzen zu einer neuen politischen Klasse, die alle Lager und politischen Richtungen umgreift, die sich - bewußt oder unbewußt - gegen jede einschneidende Veränderung absichern. Sie bilden eine Art Allparteienregierung, die die Steuerungslogik eines in den Weltmarkt integrierten kapitalistischen Wirtschaftssystems funktionsfähig zu erhalten versucht.
aus Herwig Büchele "Grundeinkommen ohne Arbeit" Auf dem Weg zu einer kommunikativen Gesellschaft
Wenn das so ist, muß wohl was neues her, z.B. eine Grundsicherung:
EXISTENZGELD
Das Problem Bei den heutigen Arbeitslosenquoten ist es illusorisch, alle Menschen wieder in Erwerbsarbeit zu bringen, es sei denn, es werden Arbeitslosengeld und Sozialhilfe derart gekürzt, daß die pure Not zu Arbeit zwingt. Außerdem sollen die, welche trotzdem nicht in Arbeit kommen, z.B. zu Reinigungsarbeiten in der Kommune gezwungen werden (Vorschlag des Münchner IFO-Instituts).
Die Sozialen Sicherungssysteme erleben ebenfalls einen Niedergang auf Grund der Kopplung an Erwerbsarbeit.
Das Bedürfnis zur demokratischen Mitbestimmung schwindet sowohl bei sozial ausgegrenzten als auch bei Erwerbstätigen, die einem erheblichen Druck zu Überstunden ausgesetzt sind.
In einer Epoche, in welcher die Gesellschaft zunehmend die Erwerbsarbeit ausgeht, wird es zunehmend fragwürdig, ja sinnlos, Güterversorgung und Güterverteilung vom Einsatz menschlicher Arbeit abhängig zu machen. Ein Grundeinkommen könnte so eine erwerbsunabhängige Güterverteilung möglich machen.
Die Lösung (nach dem Vorschlag [http://www.bag-shi.de/downloads/Erfurter%20Thesen%20zum%20Existenzgeld.pdf] der Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialhilfeinitiativen (BAG-SHI) [http://www.bag-shi.de/])
- Abschaffung aller "leistungslosen Einkommen" wie BAFÖG, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe.
- Reduzierung von "leistungslosen Einkommen" wie Zinseinkünfte, Aktiengewinne, Erbschaften etc.
- Einführung eines bedingungslosen Existenzgeldes für alle. Das bedeutet 50 % vom Durchschnittseinkommen pro Einwohner (aktuell ca. 750 Euro) für jede in Deutschland lebende Person.
- Ergänzende Finanzierung über Steuern, die auf alle Einkünfte erhoben werden.
Was spricht dafür?
- Dauerarbeitslosigkeit hat katastrophale psychische und soziale Folgen
- Die Angebotsseite des Arbeitsmarktes würde entlastet
- Jedermensch hätte die Freiheit, einen Arbeitsplatz zu nehmen oder eben nicht.
- Wir verhindern eine Apartheid-Gesellschaft wie z.B. in den USA mit einerseits hunderten Reichen-Ghettos und andererseits Millionen Gefangenen
- Nicht-Erwerbsinteressen wie Umwelt-, Gesundheits-, Jugendinteressen, Frieden und Abrüstung würden aufgewertet. Demokratie würde wiederbelebt.
- Durch ein Grundeinkommen könnte die staatlich verfaßte Gesellschaft einen Freiraum schaffen, durch den die Menschen befähigt werden, in kleinen sozialen Netzen gemeinsam Selbsthilfe zu initiieren, die nicht nur den Sozialstaat entlasten, sondern den Aufbau von Orten der menschlichen Begegnung fördern, in denen die Menschen den Sinn eigener Leistungsbereitschaft, das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit, und neue Formen des Umgangs miteinander lernen könnnten.
- Unangenehme Arbeiten müßten "marktgerecht" bezahlt werden, da der Zwang wegfällt, jeden Job unter jeder Bedingung zu machen.
Was spricht dagegen ?
Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen! Dort wäre wohl erst mal zu prüfen, wieviel Subventionen und Steuergeschenke jetzt schon verteilt werden und auch an wen. Ist es gerecht, daß Hausfrauen kein Einkommen haben? Wenn niemandem zusteht, was er nicht erarbeitet hat, was ist dann z.B. mit Erbschaften?
Wir brauchen Arbeit für alle und kein Grundeinkommen für alle. Bei diesem Satz wurde erstens vergessen, daß es heißen müßte "existenzsichernde Arbeit für alle". Zweitens deutet nichts darauf hin, daß wir diesem Ziel auch nur schrittweise näherkommen. Eher werden Geringverdiener in die Kriminalität abgedrängt.
Ein Grundeinkommen erzeugt Faultiere Gefordert zu sein, ist wichtig für jeden Menschen. Aber die wesentlichen Herausforderungen unserer Gesellschaft sind andere, als durch Mehrarbeit zu einer Ökonomie beizutragen, welche zunehmend unsere natürlichen Lebensgrundlagen zerstört. Es gibt genügend Motive, aktiv und tätig zu werden: Freude, soziale Anerkennung, Neugier und Interesse, Sinn für soziales und politisches Engagement. Die Chance, kreativ und innovativ zu sein, wächst mit der Freiheit, sich dafür entscheiden zu können.
Das Grundeinkommen ist ein Angriff auf das Leistungsprinzip. Der Manager eines Rüstungskonzerns würde trotzdem erheblich mehr Einkommen haben als ein Mensch mit Existenzgeld, mal ganz davon abgesehen, was er dafür "leistet". Er müßte sich also nicht allzusehr fürchten. Was "leistet" dagegen eigentlich die alleinstehende Mutter mit drei Kindern? Wir müssen uns schon mal lösen von der verschrobenen Vorstellung, daß Leistung nur das ist, was sich verkaufen läßt.
Jeder würde nur machen, was ihm den meisten Spaß bereitet. Ganz gewiß würden menschenunwürdige Arbeiten teurer werden. Schließlich müßte sich niemand mehr um jeden Preis verkaufen.
Schwarzarbeit würde um sich greifen. Ein Grundeinkommen würde die Nachbarschaftshilfe und die Eigenarbeit fördern. Die kriminelle Untergrundwirtschaft hingegen könnte durch ein Grundeinkommen in manchen Bereichen zurückgedrängt werden.
Grundeinkommen fördert die Trunksucht. Alkoholiker vergiften sich auch ohne Grundeinkommen. Wenn wir das zum Problem machen, müssen wir auch fragen, was richten die Leute an, die jährlich tausende Kilometer mit dem Flugzeug zurücklegen, nebenbei noch zwei, drei Grundstücke blockieren und auf jeder Datsche ein Auto stehen haben.
Drückeberger werden gefördert Derzeit ist die Lage so, daß Leuten, die sich nicht erwerbsfähig fühlen, die aber von den Ämtern einfach als zu faul eingeschätzt werden, die Bezüge gestrichen werden. Die Folge davon ist, daß ein Teil sich in Krankheiten flüchtet, die wiederum für die Gesellschaft teuer werden. Ein anderer Teil wird notgedrungen kriminell.
Der französische Sozialphilosoph André Gorz schrieb schon 1983: "Jede Politik, auf welche Ideologie sie sich sonst auch berufen mag, ist verlogen, wenn sie die Tatsache nicht anerkennt, dass es keine Vollbeschäftigung für alle mehr geben kann und dass die Lohnarbeit nicht länger der Schwerpunkt des Lebens, ja nicht einmal die hauptsächliche Tätigkeit eines jeden bleiben kann." Es ist erstaunlich, dass diese Erkenntnis auch heute noch von der Regierung und weiten Teilen der Gesellschaft ignoriert wird....
Marktwirtschaftlich gesehen, würde selbst eine soziale Grundsicherung ohne Arbeitszwang mehr Sinn machen als die Subvention von Arbeit. Die auf diese Weise investierten staatlichen Gelder würden zur Verknappung der überreichlich vorhandenen Ware Arbeitskraft beitragen. Neben einer Existenzsicherung, für die von der Arbeit Ausgeschlossenen, könnte die soziale Grundsicherung die Unternehmer zwingen, auch in den unteren Lohngruppen für einen passablen Lebensstandard ausreichende Löhne zu zahlen.
Die soziale Grundsicherung ist keine weltferne Utopie, sondern wurde unter Anderen selbst von dem konservativen amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger Milton Friedman vorgeschlagen. Es ist längst durchgerechnet, dass diese Grundsicherung bezahlbarer wäre, als die Subventionierung der Arbeit immer weiter ausufern zu lassen.
Nur wenn wir von der Fixierung auf das Problem der "Arbeitslosigkeit" frei werden, können wir zu den wirklichen Problemen der Arbeitslosen kommen. Nur wenn wir die pauschale moralische Hochschätzung von Arbeit überwinden, können wir uns der Frage stellen, wie ein menschenwürdiges Leben auch für Menschen möglich ist, für die es keine sinnvolle Arbeit mehr gibt.
AXEL BRAIG taz vom 17.1.2002
Material:
Existenzgeld für alle, AG SPAK Bücher - M139, 2000
Arbeit zwischen Misere und Utopie, Andre Gorz
Internet
Bitte dem Suchdienst "Existenzgeld" oder "Grundsicherung" eingeben
beschlossen von AG Visionen, Text von Holger, ins Internet gestellt von Uwe
Das Wort Grundsicherung ist leider nicht geschützt. Deshalb werden auch sehr schlechte Modelle damit bezeichnet. Um die begrüßenswerten (wie das von der
Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialhilfeinitiativen (BAG-SHI) [
http://www.bag-shi.de/]
entwickelte Modell [
http://www.bag-shi.de/downloads/Erfurter%20Thesen%20zum%20Existenzgeld.pdf]) von den abzulehnenden (z.B. von konservativer und von wirtschaftsliberaler Seite) unterscheiden zu können, gibt es mindestens 4 Kriterien:
- Wie hoch ist der Betrag (z.B. Hälfte des Durchschnittseinkommens oder nur Sozialhilfesatz)?
- Woher soll das Geld kommen? Soll es von den Reicheren kommen, z.B. über Vermögenssteuern, Tobinsteuern, Erhöhung des Spitzensteuersatzes bzw. der Erbschaftssteuer? Bzw. sollen alle die Hälfte ihres Einkommens abgeben und dafür zusätzlich die Hälfte des Durchschnittseinkommens erhalten? Oder soll z.B. die Mehrwertsteuer erhöht bzw. die andere Sozialleistungen gekürzt werden?
- Sind damit Bedingungen verbunden (für alle bzw. allein nach Bedürftigkeit oder verbunden mit Arbeitsverbot bzw. Zwangsarbeit bzw. mit Unterhaltspflicht durch Verwandte / im gleichen Haushalt Lebende bzw. an vorhergehenden bzw. nachfolgenden Leistungen geknüpft)?
- Werden weitere Nachteile ausgeglichen, d.h., gibt es weitere Sozialleistungen zusätzlich oder werden sie hierdurch ersetzt (z.B. für Behinderte, Kranke)?
Bei einer Tagung zur Grundsicherung (
http://www.1000-fuer-alle.de/reader-sg.pdf) wurden noch weitere Kriterien genannt:
- Alle sollen es erhalten. (Das ist die unbürokratischste und am meisten akzeptierte Variante. Als Übergangslösung kann ich mir auch eine ausreichende bedingungslose Grundsicherung für bestimmte Bevölkerungsgruppen vorstellen, z.B. für Studierende statt BAföG, für sozial Schwache statt Sozialhilfe usw. - Uwe)
- Es soll an Personen und nicht an Familien oder Haushalte ausgezahlt werden. Damit wird die finanzielle Unabhängigkeit der Einzelperson geschützt.
- Es muss garantiert sein. Die Menschen sollen sich darauf verlassen können, dass es nicht einfach wieder abgeschafft bzw. eingeschränkt wird.
siehe auch [[{{
Ag Visionen.Kriterien für ein Grundeinkommen}} Kriterien für ein Grundeinkommen]]
Uwe
Ergänzungen am 3.2.2006
Ronald Blaschke untersuchte mal verschiedene Modelle, die mit Grundeinkommen oder Grundsicherung bezeichnet werden. Das Ergebnis unterscheidet sich von den oben gewählten Bezeichnungen.
- Gemeinsamkeiten der verschiedenen Grundsicherungs- und Grundeinkommensmodelle
- Der Bezug von Grundsicherung / Grundeinkommen ist unabhängig von geleisteten oder zu leistenden Beiträgen und damit unabhängig von Sozialversicherungen. Dies ist eine "schwache" Form der Entkopplung von Erwerbsarbeit.
- Wegen der Sozialversicherungs- / Beitragsunabhängigkeit müssen diese Modelle steuerfinanziert sein.
- Im Gegensatz zu Wohltätigkeitsleistungen sind Grundeinkommen / Grundsicherung als Rechtsanspruch konzipiert.
- Bei ausreichender Höhe sind sie armutsverhindernd.
- Es handelt sich nicht um Sach-, sondern um Geldleistungen, Grundeinkommen / Grundsicherung sind also monetär.
- Die Leistungen sind ganz oder teilweise pauschaliert. Sonst wäre es mit einem zu großen bürokratischen Aufwand verbunden.
- Die Leistungen werden von einem Amt direkt an die Personen gezahlt. Das Geld wird also nicht über Hilfsorganisationen ausgezahlt.
- Unterschiede zwischen Grundeinkommen und Grundsicherung
- Die Grundsicherung wird nur an Bedürftige gezahlt, Grundeinkommen an alle. Dieser Unterschied wird insofern abgemildert, dass bei der Finanzierung über einkommensabhängige Steuern auch bei Grundeinkommensmodellen eine Einkommensüberprüfung erfolgt.
- Wenn Grundsicherung nur an Bedürftige gezahlt wird, muss eine Bedürftigkeitsprüfung erfolgen. Beim Grundeinkommen fällt dies bis auf die genannte Ausnahme weg.
- Dies hat auch Auswirkungen auf das Verhältnis zu Unterhaltsverpflichtungen. Bei der Grundsicherung gehen Unterhaltsverpflichtungen vor. Deshalb wird sie an Haushalte / Familien gezahlt. Grundeinkommen ist dagegen als Menschenrecht auf ausreichendes Einkommen konzipiert. Deshalb bekommt sie jede Person einzeln. Unterhaltsverpflichtungen sind dann nachrangig.
- Bedürftigkeit bei der Grundsicherung bedeutet auch fehlendes Einkommen aus Erwerbsarbeit. Deshalb ist die Grundsicherung mit Arbeitsverpflichtung / Arbeitszwang verbunden. Bei Grundeinkommen ist das nicht der Fall, da dies ja dem Menschenrechtsansatz widersprechen würde. Deshalb erfolgt beim Grundeinkommen eine "starke" Form der Entkopplung von Erwerbsarbeit.
- Grundmodelle
- Grundsicherung
- Bei der eigenständigen Grundsicherung ist sie getrennt von anderen Leistungen geregelt. Beispiele dafür sind die frühere Sozialhilfe oder jetzt das Arbeitslosengeld II.
- Die Mindestsicherung ist dagegen in anderen Sozialleistungen integriert und sichert dort bei Bedürftigkeit einen Mindestauszahlungsbetrag. Dies ist bei der Rentenversicherung schon gegenwärtig der Fall.
- Grundeinkommen
- Die Sozialdividende wird in voller Höhe ausgezahlt. Die Finanzierung erfolgt davon getrennt. Dies ist z.B. beim oben erwähnten von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialhilfeinitiativen (BAG-SHI) [http://www.bag-shi.de/] entwickelten Modell [http://www.bag-shi.de/downloads/Erfurter%20Thesen%20zum%20Existenzgeld.pdf] der Fall.
- Bei der negativen Einkommenssteuer wird die Leistung gleich mit den zu zahlenden Steuern (einschließlich den für die Finanzierung des Grundeinkommens benötigten) verrechnet und nur der Differenzbetrag ausgezahlt oder eingezogen.
Weil Grundeinkommensmodelle jetzt verstärkt diskutiert werden, gibt es jetzt auch Vorschläge von Unternehmerseite, die genau das Gegenteil des eigentlichen Ziels beabsichtigen. Diese sollen eine wirkliche Verbesserung verhindern.
- So wird eine Mehrwertsteuerfinanzierung vorgeschlagen. Dies würde einen Mehrwertsteuersatz von weit über 50 % bedeuten. Netto (nach Abzug der Mehrwertsteuer) würde dann ein Grundeinkommen in Höhe des gegenwärtigen Arbeitslosengelds II herauskommen. Dies ist keinesfalls armutsverhindernd.
- Es wird die Erwartung geäußert, dass bei einem Grundeinkommen in dieser Höhe die Menschen zwar weiterhin auf Erwerbsarbeit angewiesen sind, aber weniger Lohn / Gehalt verlangen.
Uwe
Ergänzungen am 17.2.2006
- Welche Auswirkungen wird ein bedingungsloses existenzsicherndes Grundeinkommen voraussichtlich haben? Dabei geht es nur um begrüßenswerte Modelle entsprechend der genannten Kriterien.
- Viele Menschen definieren sich über Erwerbsarbeit. Sie werden sich vermutlich weiterhin darum bemühen. So haben viele Menschen einen Großteil ihrer sozialen Kontakte in diesem Bereich. Diese wollen sie nicht verlieren. Zu DDR-Zeiten spielte das eine wesentliche Rolle, warum Menschen länger arbeiteten, als sie mussten.
- Andere Menschen gehen in ihrer Freizeit schon jetzt vielfältigen Beschäftigungen nach. Dabei haben sie auch viele soziale Kontakte. Viele von diesen werden eine Verkürzung ihrer Erwerbsarbeit anstreben. Einige werden die Erwerbsarbeit ganz aufgeben, andere, wenn sie diese nicht nach ihren Vorstellungen (z.B. Arbeitszeit, Aufgaben, Selbstbestimmung) gestalten können.
- Die Ausgrenzung Nichtarbeitender und deren soziale Unsicherheit wird abnehmen. Damit wird deren weitverbreitete Isolation verringert. Dies ist heutzutage eine wesentliche Ursache für mangelnde soziale Kontakte vieler Erwerbsloser.
- Vielen Menschen reicht ein menschenwürdiges Leben nicht. Sie wollen mehr haben. Diese sind weiterhin auf Erwerbsarbeit angewiesen.
- Die Bereitschaft, Erwerbsarbeit aufzugeben, wird weiter erhöht, wenn neben der materiellen Sicherung durch ein Grundeinkommen auch die Fähigkeiten und Möglichkeiten zu selbstbestimmten sinnvollen Tätigkeiten wachsen. Ein Grundeinkommen ohne Einstellungsänderung und ohne Änderung der sonstigen Möglichkeiten führt nur bei relativ wenigen Personen zu einer Verhaltensänderung.
- Gefördert kann diese Einstellungsänderung aber dadurch, dass die selbstbestimmt ohne Erwerbsarbeit Lebenden vorführen, wie sie ohne Erwerbsarbeit glücklich sind.
- Diese ohne Erwerbsarbeit Lebenden haben die Möglichkeit, im Rahmen von Nachbarschaftshilfe, gemeinsamen Projekten usw. aktiv zu werden. So können sie neben dem Grundeinkommen weitere Möglichkeiten zur gemeinsamen Sicherung der gemeinsamen Existenzgrundlagen aufbauen.
- Umstritten ist, inwiefern sich das Grundeinkommen auf Lohn-/Gehaltshöhen auswirkt.
- Bei Tätigkeiten, die gern gemacht werden, verzichten die Beschäftigten sicher eher auf Erwerbseinkommen. Der existenzielle Druck fällt ja weg.
- Bei Tätigkeiten, die nur dem Einkommenserwerb dienen, sieht es anders aus. Einerseits ist dort ebenfalls der existenzielle Druck geringer. Andererseits können bei zu geringem Einkommen Menschen ganz auf die Erwerbsarbeit verzichten. Damit sind die Beschäftigten weniger erpressbar. Bisher orientierte sich die Einkommensentwicklung eher an der Kampfkraft der Beschäftigten. Dies spricht eher für die zweite Tendenz.
- Vermutlich gibt es bei wachsendem Einkommen nicht weniger Arbeitsplätze. Wachsendem Einkommen steht ja in gleicher Weise eine wachsende Kaufkraft gegenüber. Für lohnintensive (meist kleinere) Betriebe gibt es damit keine Probleme. Und bei den großen Konzernen betragen die Einkommen der abhängig Beschäftigten nur einen kleinen Anteil des Gesamtumsatzes. Dies bedeutet umgekehrt, dass sich durch Senkung der Löhne / Gehälter keine Erwerbsarbeitsplätze schaffen lassen.
- Unklar sind die Auswirkungen auf die Preisentwicklung. Gezahlte Preise sind aber immer auch Einkommen. Wenn das Grundeinkommen also an die Gesamteinkommensentwicklung gekoppelt wird, ist diese Frage nicht so bedeutend.
- Es kann überlegt werden, Rente, Arbeitslosengeld und Krankengeld durch dieses Grundeinkommen zu ersetzen. Dies ist aber nicht zwingend.
Uwe
Ergänzungen vom 1.9.2006
Beschrieben werden die grundsätzlichen Aussagen von Johannes Heinrichs (dem Erfinder der Viergliederung). Diese wurden vom älteren Michael vertreten. Ergänzt werden jeweils die Ergebnisse der Diskussion. Diese entsprechen der Meinung der übrigen Personen.
- Johannes Heinrichs betrachtet alle Grundeinkommensmodelle gemeinsam. Als Höhe des Grundeinkommens sieht er einen Betrag deutlich über 1000 Euro im Monat.
- Dabei wird ignoriert, dass es sehr unterschiedliche Grundeinkommensmodelle mit vollkommen unterschiedlichen Zielsetzungen gibt (siehe die weiter oben genannten Kriterien). Wenn sie gemeinsam betrachtet werden, müssen entweder die Unterschiede in der Zielsetzung und die daraus folgenden Gestaltungsunterschiede mitbetrachtet werden. Oder es darf sich nur auf die gemeinsamen Eigenschaften aller Grundeinkommensmodelle bezogen werden.
- Aus der Höhe des Grundeinkommens ist zu schlussfolgern, dass Johannes Heinrichs die Modelle im Blick hatte, in denen die Grundeinkommen zu ihrer eigenen Finanzierung mit herangezogen werden. Dies ist der Fall, wenn das Grundeinkommen hauptsächlich z.B. über die Mehrwertsteuer oder eine Ressourcensteuer finanziert werden soll. Dies würde dazu führen, dass die Ärmeren die Ärmsten finanzieren. Deshalb wird dies eher von wirtschaftsliberaler Seite befürwortet, von sozial denkenden Menschen aber eher abgelehnt.
- Johannes Heinrichs weist weiter darauf hin, dass sich durch das Grundeinkommen am Wirtschaftssystem erst ein Mal nichts ändert. Insbesondere würden größere Einkommen aus Kapitalbesitz (Eigenkapital - Gewinne, Fremdkapital - Zinsen) dadurch nicht verhindert. Das Leistungsprinzip würde dadurch nicht wieder hergestellt.
- Da gab es keinen Widerspruch. Umstritten ist allerdings, inwiefern das Grundeinkommen Gesellschaftsveränderungen anstoßen und ermöglichen kann. Außerdem können Kapitaleinkommen im stärkeren Maße zur Finanzierung herangezogen werden. Insofern können sie eingeschränkt werden.
- Nicht die Wiederherstellung des Leistungsprinzips, sondern die Sicherung eines menschenwürdigen Lebens für alle ist das Ziel der von uns bevorzugten Grundeinkommensmodelle.
- Johannes Heinrichs weist darauf hin, dass es viele unerledigte Arbeit gibt und dass somit Vollbeschäftigung für alle möglich ist. Es fehlt nicht die Arbeit, sondern das Geld.
- Hier setzt er Erwerbsarbeit (sowohl Lohnarbeit als auch selbstständige Arbeit) mit notwendiger Tätigkeit gleich. Erwerbsarbeit ist auf Erwerb, also auf Erlangung einer Gegenleistung ausgerichtet. Ohne Gegenleistung (im Regelfall Geld) gibt es keine Erwerbsarbeit, selbst wenn genug zu tun ist. Fehlendes Geld bedeutet also fehlende Erwerbsarbeit. Vollbeschäftigung meint aber Erwerbsarbeit. Somit gibt er indirekt zu, dass gegenwärtig Vollbeschäftigung unmöglich ist, selbst wenn er das Gegenteil behauptet.
- Weiterhin weist Johannes Heinrichs darauf hin, dass ein Mensch ohne Arbeit gesellschaftlich ausgegrenzt ist und sich nicht sozial verwirklichen kann. Das Grundeinkommen würde solche Menschen nur ruhig stellen.
- Auch hier wird wieder Erwerbsarbeit mit sinnvoller Tätigkeit gleichgesetzt. Erwerbsarbeit ist aber häufig nicht sinnvoll und sozial gut. Daneben gibt es viele Tätigkeiten (z.B. in der Familie), die gut, aber keine Erwerbsarbeit sind.
- Einige Wirtschaftsliberale haben tatsächlich die Absicht, mit einem Grundeinkommen die Menschen ruhig zu stellen (Brot und Spiele, wie im alten Rom). Die von uns angestrebten Modelle wollen aber genau das Gegenteil erreichen.
- Eine häufige Ursache für mangelnden Widerstand gegen ungerechte Verhältnisse ist die Notwendigkeit, ständig das eigene Überleben sichern zu müssen. Bei einem ausreichenden Grundeinkommen würde dies wegfallen. Damit könnten viele Leute eher zum Widerstand aktiviert werden.
- Deshalb ist Johannes Heinrichs eher für eine Arbeitszeitverkürzung und -umverteilung.
- Dagegen haben wir nichts. Wir fragen uns nur, was leichter durchzusetzen ist. Außerdem kann ein ausreichendes Grundeinkommen die Verhandlungsmacht der Beschäftigten stärken. So kann eine Arbeitszeitverkürzung und -umverteilung besser erreicht werden.
- Insgesamt sieht Johannes Heinrichs deshalb ein Grundeinkommen als ein neoliberales Opium an und lehnt es deshalb ab.
- Für viele von uns kritisierten Modelle mag das zutreffen. Aber eine so undifferenzierte Wertung betrachten wir nicht als zutreffend.
Uwe
Ergänzungen vom 1.12.2006
- "Zwei Drittel würden gewinnen", Interview mit Katja Kipping im "Freitag", Nr. 48 vom 1.12.2006 [http://www.freitag.de/2006/48/06480501.php]:
- Katja Kipping erklärt, wenn ein bedingungsloses Grundeinkommen erst ein Mal akzeptiert ist und nur noch über das Wie diskutiert wird, würde sie sich mit Oskar Lafontaine eher einigen als mit dem Thüringer CDU-Ministerpräsidenten Althaus. Oskar Lafontaine lehnt es zwar gegenwärtig ab, verfolgt aber ähnliche Ziele. Das Grundeinkommenskonzept der CDU will aber etwas ganz Anderes.
- Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen würde sich die Staatsquote nach ihrem Konzept erhöhen, es wäre aber finanzierbar.
- Bericht über einen SPD-Stammtisch zu diesem Thema:
- An der TU Dresden wurde ein Seminar zu diesem Thema gehalten. Ein Student gab beim Stammtisch eine Einführung.
- Beim Stammtisch waren sowohl SPD-Mitglieder, SPD-Nahestehende und weitere Personen anwesend. Die SPD-Mitglieder gehörten dabei eher zum linken Flügel. Z.B. wurde Hartz IV kritisiert und von keiner Person verteidigt.
- Als wichtige Kriterien zur Bewertung eines bedingungslosen Grundeinkommens wurden dessen Höhe und Finanzierung genannt. Aufkommensneutralität gegenüber dem bisherigen Sozialsystem ist nicht wirklich existenzsichernd. Viele Menschen würden aus existenziellen Gründen gezwungen, schlecht bezahlte Tätigkeiten anzunehmen.
- Außerdem gab es wieder die übliche Diskussion, weshalb Menschen arbeiten sollten, wenn sie auch so genug zum Leben haben. Das war wieder eine Diskussion über Menschenbilder. Eine Mehrheit vertrat die Ansicht, dass Menschen auch aktiv werden, weil es sie interessiert.
- Diskutiert wurde das Verhältnis zwischen bedingungslosem Grundeinkommen und öffentlichen Aufgaben. Beides ist erforderlich und soll nicht gegeneinander ausgespielt werden.
- Gefragt wurde außerdem, ob mit bedingungslosem Grundeinkommen der Kündigungsschutz und Gewerkschaften noch erforderlich sind. Einige waren der Meinung, mit dem bedingungslosen Grundeinkommen wären die Arbeitenden so stark wie die Kapitalbesitzenden. Andere meinten, dass sie lediglich die Möglichkeit haben, angebotene Tätigkeiten abzulehnen. Sie müssten sich aber trotzdem zusammenschließen, um eigene Ziele durchzusetzen. Nach einer Kündigung wären sie zwar auf einem Mindestniveau sozial abgesichert. Es wäre aber trotzdem ein sozialer Abstieg. Außerdem könnten sie so eine Tätigkeit, für die sie Interesse haben, nicht fortführen. Somit wäre auch ein Kündigungsschutz weiterhin notwendig.
- Diskutiert wurde auch die Frage, wie ein bedingungsloses Grundeinkommen auch Unternehmern schmackhaft gemacht werden kann. Es gab die Meinung, dass es ihnen nicht schmackhaft gemacht werden muss. Dies war umstritten. Es gibt aber auch Argumente für den Mittelstand, der nicht nur von seinem Besitz leben kann.
- Auch ein Unternehmer kann pleite gehen. Dann ist er auf ein bedingungsloses Grundeinkommen angewiesen.
- Ein Unternehmer hat auch eine staatsbürgerliche Verantwortung. Nur mit ausreichendem Einkommen können sich Menschen um Politik kümmern.
- Bei ausreichendem Einkommen ist die kaufkräftige Nachfrage auf einem bestimmten Niveau gesichert. Damit können entsprechende Waren verkauft werden.
- Menschen können so nur aus Interesse und nicht aus finanziellem Druck arbeiten. Damit sind sie motivierter.
- Als Vorteil wurde gesehen, dass der bürokratische Aufwand kleiner ist. Die aufwändigen Bedürftigkeitsprüfungen fallen weg. Es gibt nur noch die Prüfungen nach dem Steuerrecht. Wenn Einkommen bei ihrem Entstehen besteuert werden, lässt sich das weiter vereinfachen.
- Hingewiesen wurde auf eine mögliche Mitgliedschaft im Netzwerk Grundeinkommen [http://www.grundeinkommen.de].
Uwe
Ergänzungen vom 12.1.2007
- Wie ist das Verhältnis zwischen einem bedingungslosen Grundeinkommen und der Warengesellschaft (siehe Preise und Lohnarbeit)?
- Wenn nicht die Produkte, sondern Geld verteilt wird, muss dieses durch Tausch von Waren zuerst erworben werden. Somit erfordert ein bedingungsloses Grundeinkommen eine Warengesellschaft.
- Als nächstes wird ein Teil des produzierten Wertes in Form von Geld eingesammelt und neu verteilt. Es gibt also eine Leistung ohne Gegenleistung. Dies widerspricht dem Prinzip der Warengesellschaft.
- Schließlich wird das bedingungslose Grundeinkommen wieder gegen die benötigten Güter getauscht. Dies entspricht dem Vorgehen in einer Warengesellschaft.
- Insgesamt bewegt sich ein bedingungsloses Grundeinkommen somit innerhalb einer Warengesellschaft. An einer Stelle weist es aber darüber hinaus. Das bedingungslose Grundeinkommen überwindet also nicht die Warengesellschaft, kann aber eine Voraussetzung dafür schaffen.
- Deshalb wird das bedingungslose Grundeinkommen auch von links kritisiert. Mit fast den gleichen Argumenten (Überwindung der Warengesellschaft) kann aber das bedingungslose Grundeinkommen auch befürwortet werden.
Uwe
Ergänzungen vom 15.6.2007
- Wenn eine Idee eine bestimmte gesellschaftliche Verbreitung erreicht hat, kann sie stärkeren gesellschaftlichen Einfluss bekommen. Dies gilt auch für herrschaftskritische Ideen. Wenn die Herrschenden eine Idee nicht unterdrücken können, versuchen sie, die Idee so zu verändern, dass sie in ihr Herrschaftskonzept passt. Das gilt auch für die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens. Ein Beispiel ist das Konzept des thüringischen Ministerpräsidenten. Er will alle Sozialleistungen abschaffen und das eingesparte Geld gleichmäßig an alle Personen auszahlen. In den herrschaftsnahen Medien werden solche Konzepte stärker verbreitet als die Konzepte des bedingungslosen Grundeinkommens, die wirklich zu einer Verbesserung für die große Mehrheit führen würden.
Uwe
Ergänzungen vom 17.1.2008
- Immer weniger Personen werden zur Erarbeitung der benötigten Güter gebraucht. Ein Grundeinkommen kann auch die Versorgung der übrigen Personen gewährleisten.
- Durch die Arbeitsteilung und die stärkere Bedeutung von Entwicklungsarbeiten ist immer weniger eine reale Bewertung der Arbeitsleistung möglich. Damit wird die Forderung nach einem leistungsabhängigen Einkommen unsinniger.
Uwe
Ergänzungen vom 3.4.2008: Zusammenhang zwischen existenzsicherndem bedingungslosen Grundeinkommen und Transformationsprojekten hin zu einer besseren Gesellschaft
- Diese Aussagen beziehen sich teilweise auf einen Vortrag von Werner Rätz am 2.4.2008.
- Die Sicherung eines ausreichenden Lebensunterhalts ermöglicht Menschen erst, selbstbestimmt zu leben und für eine bessere Gesellschaft einzutreten. Ein existenzsicherndes Grundeinkommen selbst führt aber nicht automatisch zu einem selbstbestimmten Leben und kann auch das gegenwärtige System stabilisieren. Insofern ist das existenzsichernde bedingungslose Grundeinkommen kein Transformationsprojekt, kann aber zu Transformationsprojekten einen wichtigen Beitrag leisten.
- Die Höhe eines existenzsichernden Einkommens hängt von vielen Faktoren ab. Dies betrifft z.B. die Preise für alltäglich benötigte Dinge. Wenn Bildung, Transport, Gesundheit, Wasser usw. kostenlos sind, wird weniger benötigt. Dies kostenlos zu gestalten, wäre wirklich ein Transformationsprojekt.
- Viele Grundeinkommensprojekte verfolgen ganz andere Ziele (z.B. Senkung der Sozialleistungen). Dies lehnen wir ab. Deshalb ist es notwendig, dass wir uns öffentlich damit auseinandersetzen. Im Kampf für Repressionsfreiheit ist eine Zusammenarbeit aber trotzdem möglich.
Uwe
Verweise von Ronald Blaschke zu diesem Thema:
Uwe
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