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AgVisionen: PreiseUndLohnarbeit


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Preise und Lohnarbeit

Diese Aussagen, wie auch die Aussagen in den meisten anderen Texten, sind das Ergebnis der Besprechungen in unserer AG Visionen. Sie entstammen nicht wissenschaftlichen Veröffentlichungen.

Uwe

Antwort von Bernd

  1. Der Preis einer Ware und deren Tauschwert sind keine identischen Begriffe
  2. Der Preis wird durch Konkurrenz bestimmt, sie ist dreiseitig: erstens zwischen den Käufern, zweitens zwischen den Verkäufern und drittens zwischen Käufern und Verkäufern
  3. Die Konkurrenz zwischen den Käufern macht den Preis steigend
  4. Die Konkurrenz zwischen den Verkäufern macht den Preis fallend
  5. Die Konkurrenz zwischen Käufen und Verkäufer, die einen wollen billig kaufen, die anderen teuer verkaufen
  6. Damit wird der Preis entsprechend der Kräfte- und auch Machtverhältnisse zwischen diesen schwankend, er kann jedoch für den einzelnen langfristig nicht unter dem Selbstkostenpreis (plus Gewinn) liegen
  7. Der Preis steht immer über oder unter den Selbstkosten (plus Gewinn), aber das Steigen und Fallen ergänzen sich gegenseitig. Im Mittel wird er durch die Produktionskosten, den Tauschwert einer Ware bestimmt.
  8. Die Bestimmung der Produktionskosten ist gleich der Bestimmung des Wertes durch die Arbeitszeit
  9. Damit ist der Wert einer Ware auch keine konstante Größe, sie wird bestimmt durch Abschreibungen, Material- und Energiekosten, Werbungskosten, Mieten, Versicherungen usw. und durch die Löhne oder Gehälter, sie sind abhängig von Zeit und Ort
  10. Der Wert (Tauschwert) einer Ware wird in der Produktion geschaffen nicht beim Verkauf oder Kauf der Ware! Phasen: Produktion - Distribution - Konsumtion
  11. Voraussetzung gesellschaftlicher Arbeit, Gesamtarbeitssumme, die einzelne Arbeit muß unter die Teilung der Arbeit der Gesellschaft subsumiert sein, gesellschaftliche Arbeitsteilung, der Wert der Ware gilt nicht für ein einzelnes gegebenes Produkt, sondern für den ganzen Industriezweig
  12. Winterschluß-, Sommerschlußverkauf werden Waren verkauft überschüssige gesellschaftliche Arbeit, deren Werte am Markt bisher nicht realisierbar war
  13. Zusammenfassung der Wert einer Ware ist das Quantum der darin enthaltenen Arbeit, der Preis einer Ware schwankt um den Wert der Ware, bildet deren Mittelwert
  14. Lohnarbeit ist standardisierte Arbeit mit der standardisierte Produkte hergestellt werden
  15. Aber (Kapital Bd. 1 S. 117) Dinge die keine Ware sind, wie z. B. Gewissen, Ehre, Status können durch ihren Preis, den der Besitzer ihm verleiht eine Warenform erlangen, d. h. ein Ding kann formell einen Preis haben ohne einen Wert zu haben
  16. Marketing und Werbung erzeugen symbolische, ästhetische und soziale Werte, immer gilt es den Waren einen unvergleichlichen, unmessbaren Eigenwert von Kunstwerke zu verleihen, die kein Äquivalent haben und zu überhöhten Preisen angeboten werden können
  17. Markenprodukte, die immaterielle Bedeutung von Produkten gewinnt eine viel höhere Bedeutung, als ihre materielle Wirklichkeit, ihr symbolischer, ästhetischer oder sozialer Wert übertrifft den Gebrauchswert und verwischt den Tauschwert, Betriebe der verarbeitenden Industrie werden zu Vasallen jener Firmen, deren Produktion und Kapital immateriell sind (Gorz "Wissen, Wert,.." S. 43)

Immaterielle Arbeit, Wissensarbeit - Wissen ist keine Ware
  1. Lohnarbeit ist standardisierte Arbeit zur Herstellung standardisierter Produkte, schöpferische Arbeit oder Wissensarbeit ist einmalig, nicht wiederholbar, deswegen nicht vergleichbar und meßbar hinsichtlich des Aufwandes und/oder des Ergebnisses, ist nicht normierbar, ist verbunden mit der Überschreitung von Horizonten, muß oftmals in Konflikten verbreitet und/oder durchgesetzt werden
  2. Wichtig wird es, wenn schöpferische Arbeit den Gesamtprozeß dominiert, also wenn es entscheiden ist für den Erfolg oder die Qualität eines Projektes oder Prozesses (Czorny "Auf der Suche..." S. 15 unten)
  3. Die Leistung des Einzelnen wird zunehmend nicht mehr an deren Anwesenheit im Unternehmen sondern an seinen Ergebnissen gemessen
  4. Wissensarbeit ist gekoppelt an formalem Wissen oder Fachwissen, Talent, Kommunikationsfähigkeit, Engagement, Kompetenz, soziales Wissen und Erfahrung, Kultur, Erziehung, Bildung, Urteilsvermögen usw.
  5. Wissensarbeit ist somit an die jeweilige Person gekoppelt, Wissensarbeit ist subjektiv, deswegen nicht objektivierbar und damit nicht vergleichbar und meßbar
  6. Der Verkauf von Wissen unterscheidet sich prinzipiell vom Tauschprozeß von Waren
    • Wissen kann nicht getauscht werden, wie Waren, es findet beim Verkauf von Wissen kein Verlust der Verfügungsgewalt an Wissen statt
    • Der Verkauf von Wissen ist kein Nullsummenspiel, es ist ein Positivsummespiel, d. h. alle gewinnen
    • Wissen hat keine Wachstumsgrenzen
    • Wissen ist Gemeingut, es verliert nicht an Einfluß, wenn es bekannt ist
    • Die Wissensschöpfung steckt voller Ungewißheit, ist nicht prognostizierbar
    • Die Wissensnutzung steckt voller Risiken
    • Wissenschaftliche Erkenntnisse oder neues Wissen ist zunächst meist umstritten, trotz hohem Ansehen stets anfechtbar
    • Die Verbreitung von Wissen steigert seine Fruchtbarkeit, Wissen ist fähig zur Vergesellschaftung, Waren sind es nicht
  7. Jedoch lebendiges Wissen kann in vergegenständliches Wissen umgewandelt werden, es kann gespeichert werden, damit kann der alleinige Besitz von Wissen, kann als Wissensmonopol seinen Eigentümer - dem Finanzkapital verschmolzen mit der Elite von Wissenskapitalisten - eine nie dagewesene Fülle von Reichtum und Macht sichern

Text von Bernd, ins Internet gestellt von Uwe

Ergebnisse des Treffens vom 7.4.2006

  1. Grundunterschied
    1. Bernd ist der Meinung, dass "schöpferische Arbeit oder Wissensarbeit ... einmalig, nicht wiederholbar, deswegen nicht vergleichbar und meßbar hinsichtlich des Aufwandes" ist. Damit kann ihr kein Tauschwert zugeordnet werden. Damit widerspricht "schöpferische Arbeit oder Wissensarbeit" der Warengesellschaft. Wenn also die Warengesellschaft überwunden werden soll, kann dies durch die Förderung von Wissensarbeit geschehen.
    2. Laut der Gegenmeinung kann Wissensarbeit, Wissen und schöpferische Arbeit durchaus zur Ware werden und wird gegenwärtig häufig als Ware behandelt. Deshalb trägt "schöpferische Arbeit oder Wissensarbeit" nichts zur Überwindung der Warengesellschaft bei. Dazu sind andere Veränderungen notwendig.
  2. Es muss konsequent unterschieden werden:
    1. Der Gebrauchswert: Er hängt vom konkreten Gegenstand ab. Er hängt nicht davon ab, ob der Gegenstand eine Ware ist. Z.B. kann Brot gegessen werden, Kleidung kann wärmen usw. Geld hat lediglich für Numismatiker einen bedeutsamen Gebrauchswert. Bei entsprechender Lagerung bleibt dieser über eine längere Zeit erhalten.
    2. Der Tauschwert: Das ist eine abstrakte Größe. Sie kann definiert werden als durchschnittlich gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, um dies zu produzieren. Sie kann aber auch definiert werden, als individuell notwendige Arbeitszeit, um genau diesen Gegenstand zu produzieren. Arbeitszeit wird bekanntlich in Stunden und nicht in Geldeinheiten gemessen.
    3. Der Preis: Das ist das, was auf dem Preisschild steht bzw. bezahlt wird. Unterschieden werden dabei der Nominalpreis und der Realpreis. Letzterer wird im Verhältnis zum durchschnittlichen Preisniveau betrachtet. Dadurch erfolgt eine Inflationsbereinigung. Der Nominalpreis des Geldes steht auf dem Geld drauf. Bei einer Inflation kann der Realpreis des Geldes stark sinken, selbst wenn sich der Gebrauchswert und der Nominalpreis nicht ändern.
    4. Der Fetischwert: Durch Marketing und Werbung, durch Markennamen oder andere Einflüsse können bestimmte Gegenstände sehr begehrt werden, ohne dass es dafür eine materielle Grundlage gegenüber vergleichbaren Produkten gibt. Dadurch können höhere Preise erzielt werden.
      1. Z.B. bei Handys und Kleidungsstücken werden gleichartige Produkte von den gleichen Personen in den gleichen Betrieben hergestellt. Sie haben also den gleichen Gebrauchs- und den gleichen Tauschwert. Anschließend werden unterschiedliche Markennamen angebracht. Dadurch sind der Fetischwert und der Preis unterschiedlich.
      2. Gegenstände, die im Besitz von Prominenten waren, sind begehrter als die gleichen Gegenstände, für die das nicht zutrifft.
      3. Wenn vom Warenfetischismus geredet wird, ist dagegen gemeint, dass Waren scheinbar eine große Macht ausüben (z.B. "Geld regiert die Welt."). In Wirklichkeit üben aber nicht die Waren diese Macht aus. Es sind die gesellschaftlichen Verhältnisse, also das Warensystem, die Menschen zur Sicherung ihres Überlebens zum entsprechenden Handeln zwingen.
    5. Sonstige immaterielle Werte: Dazu gehört z.B. der künstlerische Wert, ästhetische und soziale Werte. Diese sollen hier nicht betrachtet werden. Sie spielen für die Überlegungen keine Rolle.
  3. Besprochene Änderungen zur Antwort von Bernd:
    1. Wie bereits mehrfach erwähnt, sind Tauschwert und Preis voneinander zu unterscheiden. Wie bereits nachgewiesen, ist es nicht so, dass der Preis im Mittel "durch den Tauschwert einer Ware bestimmt" wird, "um den Wert der Ware" schwankt.
    2. Produktionskosten sind Preise. Sie haben mit dem Tauschwert einer Ware nichts zu tun. Wenn mit der gleichen Technologie und den gleichen Erfahrungen / Fähigkeiten gearbeitet wird, ändert sich der Tauschwert nicht, die Produktionskosten können sich aber ändern. Umgekehrt können die Einkaufspreise konstant bleiben, wenn sich die benötigte Arbeitszeit ändert.
    3. Deshalb sind "Abschreibungen, Material- und Energiekosten, Werbungskosten, Mieten, Versicherungen usw. und ... die Löhne oder Gehälter" Preise und können deshalb nicht den Tauschwert bestimmen.
  4. Weitere Anmerkungen:
    1. Die Fragen der Konkurrenz wurden nicht besprochen. Einerseits wurde darüber schon geredet. Andererseits ist dies hier nicht so wichtig. Deshalb wurde auch nicht festgestellt, ob es zu den entsprechenden Aussagen von Bernd Übereinstimmung gibt.
    2. Der Transport einer Ware beim Handel erfordert Arbeitszeit. Diese müsste in die Berechnung des Tauschwertes mit eingehen, insbesondere bei längerem / aufwändigerem Transport.
    3. Umstritten war, inwiefern vorkapitalistische Gesellschaften arbeitsteilig waren, inwiefern zu jener Zeit bestimmte Tätigkeiten vergleichbar waren und ob dort von einer Warengesellschaft gesprochen werden kann. Besprochen wurde dies an der Herstellung von Holzprodukten. Z.B. war unklar, ob der Holzhandwerker auch die Bäume fällte oder das Holz gekauft hat.
    4. Ebenfalls umstritten war, inwiefern auch im Bereich der schöpferischen Arbeit Lohnarbeit möglich ist. Große Teile wissenschaftlicher und entwicklungstechnischer Arbeit sind als Lohnarbeit organisiert. Dies steht im Widerspruch zur Behauptung: "Lohnarbeit ist standardisierte Arbeit zur Herstellung standardisierter Produkte".
    5. Der Abschnitt zur Wissensarbeit wurde noch nicht diskutiert.
    6. In früheren Zeiten war Kompositionsarbeit (schöpferische Wissensarbeit) teilweise stärker standardisiert.
      1. So konnte verlangt und realisiert werden, jede Woche eine Kantate zu komponieren.
      2. Es war möglich, eine italienische Oper innerhalb weniger Tage zu komponieren. Der Komponist erfand lediglich die Melodien. Die Ausführung der einzelnen Stimmen konnten Gehilfen übernehmen.
      3. Für erfahrene Komponisten war es möglich zu vereinbaren, in einem bestimmten Zeitraum eine bestimmte Anzahl von Werken festgelegter Gattung und von guter Qualität zu komponieren.
    7. Beim Vergleich von Wissensarbeit mit anderer Arbeit ist genau darauf zu achten, dass gleichartige Dinge miteinander verglichen werden.
      1. Entspricht der Verkauf eines Fernsehers dem Verkauf einer Lizenz oder des Copyrights?
      2. Entspricht der Produktion eines anderen Fernsehers mit derselben Technologie und denselben Maschinen der Produktion eines neuen Datenträgers mit den gleichen Informationen oder neuer Informationen mit der gleichen Vorgehensweise?
    8. Ist somit Wissensarbeit zu anderer Erwerbsarbeit gleichartig oder gibt es die von Bernd behaupteten Unterschiede wirklich?

Uwe

Ergebnisse des Treffens vom 19.5.2006

  1. Was ist eine Warengesellschaft?
    1. Eine Ware ist eine (materielle oder immaterielle) Sache, die getauscht wird, um eine andere Sache zu erhalten. Das ist eine ökonomische, keine moralische Kategorie. Dies kann auch Geld sein.
    2. Wieviel von der anderen Sache man für die eigene Sache bekommt, ist der Preis der eigenen Sache.
    3. Demnach sind Waren (materielle oder immaterielle) Sachen, die einen Preis haben und hergestellt werden, um diesen Preis zu erzielen.
    4. Nach einer anderen Definition sind Waren (materielle oder immaterielle) Sachen, die einen Tauschwert haben.
      1. Nach der bei uns verwendeten Definition kann der Tauschwert definiert werden als durchschnittlich gesellschaftlich oder individuell notwendige Arbeitszeit, um etwas zu produzieren. Dies ist aber unabhängig davon, ob dies anschließend auch in einem bestimmten Verhältnis getauscht wird, also einen Preis hat.
      2. So kann eine Wohnungsrenovierung durch eine Firma oder im Freundeskreis erfolgen. Bei gleichermaßen geübten Personen ist die notwendige Arbeitszeit und damit der Tauschwert der Gleiche. Im ersten Fall wird aber ein bestimmter Preis erzielt bzw. gezahlt, im zweiten Fall nicht. Nach der ersten Definition (über Preis) wäre die Wohnungsrenovierung bzw. die renovierte Wohnung im ersten Fall eine Ware, im zweiten nicht. Nach der zweiten Definition (über Tauschwert) wäre es in beiden Fällen eine Ware. Üblicherweise wird nur im ersten Fall von einer Ware gesprochen. Dies spricht dafür, den Warencharakter über den Preis zu definieren.
      3. Analog gibt es handwerklich begabte Menschen, die ihre Produkte an Bekannte verschenken. Auch in diesem Fall wird nicht von einer Ware gesprochen.
    5. Eine Warengesellschaft ist eine Gesellschaft, in der die Waren dominieren.
      1. Eine Gesellschaft, in der hauptsächlich produziert wird, um zu verkaufen / tauschen, ist demnach eine Warengesellschaft.
      2. Eine Gesellschaft, in der hauptsächlich für den Eigenbedarf produziert wird, ist keine Warengesellschaft.
      3. Wenn produzierte (materielle oder immaterielle) Sachen, die nicht für den Eigenbedarf produziert werden, hauptsächlich verschenkt werden, handelt es sich ebenfalls nicht um eine Warengesellschaft.
  2. Wie erfolgte der Übergang zur Warengesellschaft? Kann in der Antike von einer Warengesellschaft gesprochen werden?
    1. Ursprünglich erfolgte die Produktion hauptsächlich für den Eigenbedarf der Einzelperson / Gruppe. Zwischen unterschiedlichen Gruppen erfolgte der Austausch meist über das Schenken. Wenn eine Person etwas hatte, was sie nicht brauchte, gab sie es einer anderen Person, die es brauchte. Dies erfolgte wechselseitig. Ursprünglich gab es also keine Waren und damit keine Warengesellschaft.
    2. Z.B. bei den Indianern Nordamerikas erfolgte teilweise ein Austausch zwischen landwirtschaftlichen (aus dem Osten) und tierischen (aus der Prärie) Produkten. Dies erfolgte nach bestimmten Regeln. Aber der Austausch mit den weißen Händlern erfolgte nach anderen Regeln. Dieser war zum Nachteil der Einheimischen.
    3. In der Antike gab es zeitweise sehr viele Sklaven. In bestimmten griechischen Städten gab es zu bestimmten Zeiten nur sehr wenige Freie, die meisten Menschen waren Sklaven. Im Römischen Reich gab es Sklavenhalter mit sehr vielen Sklaven. Gegen Ende des Römischen Reiches bildete sich dagegen das Kolonatssystem heraus. Dies hatte viele Ähnlichkeiten mit dem Feudalsystem.
    4. Sklaven waren Waren wie auch andere Waren. Sie wurden gekauft, damit sie wenigstens so viel erwirtschafteten, wie sie kosteten und wie sie selbst verbrauchten.
    5. Im Gegensatz zum Lohnarbeiter verkauften sie sich nicht selbst, sondern wurden im Regelfall verkauft. Außerdem gehörten sie dem Besitzer vollständig, während der Lohnarbeiter nur seine Arbeitskraft verkauft.
    6. Unklar ist, ob die Sklaven hauptsächlich für die Versorgung des Besitzers und die anderen zum Besitz gehörenden Personen arbeiteten oder für den Markt produzierten. Zumindest muss die Produktion für den Markt insofern erfolgt sein, um die Kaufkosten zu erwirtschaften.
    7. In der Antike gab es große Städte, die sich nicht selbst mit landwirtschaftlichen Gütern versorgen konnten. Somit mussten die entsprechenden landwirtschaftlichen Güter Waren sein.
    8. Auch die in den Städten produzierten Güter waren nicht hauptsächlich zum Eigenbedarf bestimmt. Sie waren ebenfalls Waren.
    9. Auch die Versorgung der Armee erfolgte durch Waren. Meist kaufte sie aber nicht der einzelne Soldat, sondern die entsprechende Armeeeinheit oder die Armee insgesamt.
    10. Der damals weit verbreitete Fernhandel erfolgte ebenfalls in Warenform.
    11. Unklar ist, ob diese Waren dominierend waren, ob also von einer Warengesellschaft gesprochen werden kann.
  3. Kann im Mittelalter von einer Warengesellschaft gesprochen werden?
    1. Die Bauern mussten meist Abgaben an den Feudalherren und die Kirche (Zehnt) leisten. Diese erfolgten häufig in Naturalien. Dafür bekamen sie keine Gegenleistung. Somit waren es keine Waren. Wenn die Abgaben in Geld erfolgen mussten, mussten sie ihre Produkte verkaufen, um das Geld zu bekommen. Dann wurden es Waren.
    2. Den Teil, den sie nicht abgeben mussten, brauchten sie meist, um sich selbst zu versorgen. Dies waren auch keine Waren.
    3. Wenn ein Mal die Ernte zu schlecht ausfiel oder das Vieh starb, mussten sie sich verschulden, um zu überleben. Diese Schulden mussten sie zurückzahlen. Dies entspricht den Abgaben.
    4. Nur wenn dann noch etwas übrigblieb, konnte es verkauft werden. Dann handelte es sich um Waren.
    5. In den Städten waren die benötigten landwirtschaftlichen Produkte im Regelfall Waren, da sie gekauft werden mussten. Auch handwerkliche Produkte wurden im Regelfall gehandelt, waren also ebenfalls Waren. Allerdings lebte nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung in der Stadt.
    6. Unklar ist, inwiefern Dorfschmiede, Müller usw. bezahlt wurden, es also dort Waren gab.
    7. Insgesamt lässt sich so vermuten, dass es im Mittelalter zwar viele Waren gab, diese aber nicht dominierten, weshalb nicht von einer Warengesellschaft gesprochen werden kann.
  4. Was ist Wissensarbeit?
    1. Wie erwähnt, gibt es verschiedene mögliche Definitionen (z.B. über die Kreativität - schöpferische Arbeit). Verwendet wird aber hier die Herstellung immaterieller Güter (z.B. Kunst, Pflege, Muße, Sport).
  5. Welchen Zusammenhang gibt es zwischen der Warengesellschaft und Wissensarbeit?
    1. Wie erwähnt (z.B. Wohnungsrenovierung, verschenkte Basteleien), muss die Herstellung materieller Güter nicht als Waren erfolgen.
    2. Wissensarbeit erfolgt gegenwärtig häufig in Warenform. Erwähnt wurden z.B. wissenschaftliche und entwicklungstechnische Arbeit, Musikproduktion, Verwaltung und Lehre.
    3. Sport braucht mit Waren nichts zu tun zu haben. Der gegenwärtige Leistungssport ist aber sehr stark vom Warensystem geprägt. Z.B. die Fußballweltmeisterschaft ist sehr stark am Kommerz ausgerichtet. Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn auch viele Fanartikel verkauft werden.
    4. Kommunikation und Information sind weitere Beispiele für Wissensarbeit. Z.B. in den Privatsendern werden sie zum Geldverdienen genutzt. Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn dort so viel Werbung gesendet wird.
    5. Somit ist die Unterscheidung zwischen Warengesellschaft und einer anderen Gesellschaft nicht abhängig von der Unterscheidung zwischen Wissensarbeit und anderer Arbeit. Es kann bestenfalls einen statistischen Zusammenhang geben. Bestimmte Tätigkeiten können häufiger in Warenform erfolgen als andere.
  6. Ob eine Tätigkeit als Lohnarbeit betrieben wird oder von lauter kleinen Selbstständigen ausgeübt wird, hat keinen Einfluss darauf, ob es sich um eine Warengesellschaft handelt.
  7. Wie sind die weiteren Entwicklungen bezüglich des Verhältnisses zwischen materieller Produktion und Wissensarbeit?
    1. In der materiellen Produktion nimmt die Produktivität weiter zu. Bei der gegenwärtigen Entwicklung der kaufkräftig nachgefragten Güter sinkt deshalb die dafür notwendige Arbeitszeit. Materielle Produktion spielt unter diesen Bedingungen eine immer geringere Rolle.
    2. Dies bedeutet aber nicht, dass die übrige Zeit sinnvoll genutzt werden kann. Gegenwärtig wird z.B. versucht, diejenigen, die in der materiellen Produktion nicht mehr gebraucht werden, zu sinnlosen Tätigkeiten, z.B. zu sinnlosen Bewerbungen zu verpflichten.
    3. Analog zu der erwähnten Entwicklung bei der Lohnarbeit gilt also auch hier, dass die Verringerung der materiellen Arbeit nicht zur Befreiung der Menschen von ihr führen muss.
    4. Außerdem bedeutet die Verringerung der Arbeitszeit für die benötigte materielle Produktion nicht, dass die Menschen weniger materielle Produkte brauchen. Für sie ist egal, wie lange die Produktion dauert. Sie müssen ausreichend Materielles zum Leben haben. Wissen oder andere immaterielle Dinge reichen ihnen nicht. Insofern kann die materielle Produktion nicht durch Wissensarbeit ersetzt werden.
    5. Schließlich ist unklar, was passiert, wenn die Warengesellschaft überwunden wird. Es gibt gegenwärtig eine Reihe von Bedürfnissen, die nicht mit einer Kaufkraft verbunden sind. Wenn die Warengesellschaft überwunden wird, entsteht der Wunsch nach Realisierung. Dies kann zu einer Erhöhung der materiellen Produktion führen.
  8. Führt also die Überwindung der Warengesellschaft zu einer starken Erhöhung der materiellen Produktion, die von der Natur nicht verkraftet werden könnte? Folgende Argumente sprechen dagegen:
    1. Das Streben nach Gewinn fällt weg. Alle Produktion, die nur deshalb erfolgte, wird dann nicht mehr gebraucht.
    2. Häufig ist das Bestreben nach Besitz nur eine Folge der Angst vor Armut. Wenn diese nicht mehr vorhanden ist, wird weniger benötigt.
    3. Wenn Menschen mit anderen Methoden {{Glücklich sein}} können, brauchen sie nicht so viel zu haben.
  9. Wenden sich die Menschen nach Wegfall der Warengesellschaft sinnvollen Tätigkeiten zu?
    1. Sinnvolle Tätigkeiten müssen eingeübt werden. Dies müsste möglich sein. Außerdem können ihre Verlustängste störend wirken. Aber auch diese lassen sich überwinden, wenn sie erfahren, dass genug da ist.
    2. Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, nehmen wir an, dass die Menschen sinnvoll tätig sind. Aber wir wissen es nicht. Außerdem wollen und können wir sie nicht dazu zwingen. Den Zwang in der Warengesellschaft wollen wir ja gerade überwinden und nicht durch einen anderen Zwang ersetzen.
    3. Somit kann es sein, dass sie sich zuerst dem passiven Konsum zuwenden, statt selbst aktiv zu werden. Deshalb ist es sinnvoll, die Eigenaktivität der Menschen zur Verbesserung ihrer Lage zu fördern. Dies meint nicht Aufrufe der Sorte "Jeder ist seines Glückes Schmied." und "(kapitalistische) Eigeninitiative statt Sozialstaat". Diese sind egoistisch. Unsere Ziele sind auf Verbesserungen aus und damit solidarisch.
  10. Gibt es nach Überwindung der Warengesellschaft noch Waren und Wettbewerb?
    1. Wenn die Waren nicht dominieren, handelt es sich nicht um eine Warengesellschaft. Somit ist auch eine Nicht-Warengesellschaft denkbar, in der es noch Waren gibt.
    2. Zwischen den Warenproduzierenden kann es dann durchaus auch noch Wettbewerb (Konkurrenz) um den höchsten Verkaufserfolg geben.
    3. Wenn es keine Waren mehr gibt, ist eine andere Form von Wettbewerb denkbar. Verschiedene Gruppen können ähnliche Produkte anbieten. Wer Bedarf hat, wählt aus, welches Produkt genommen wird. Außer einer Rückmeldung, welche Produkte wie begehrt sind, haben die produzierenden Gruppen aber nichts davon.

Uwe

Ergänzungen vom 16.6.2006

Uwe

Fragen von Uwe zur Antwort von Bernd

Uwe

Ergebnisse des Treffens vom 7.7.2006

Uwe
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